Kategorie-Archiv: Oberösterreich

3. Juli 2021: Buchpräsentation „Kampf um die Traun“

Marina Wetzlmaier, Thomas Rammerstorfer

3. Juli 2021 – 18:00 Uhr – O2.Kultur.Picknick mit Buchpräsentation auf der Badeinsel in Lambach (in der Nähe der Steckerlfischbraterei und gegenüber dem Freibad Lambach) – Musik mit Charly Haidecker und Roland Fuchs, Moderation Christian Diabl (Bezirksrundschau Linz)

Die Besetzung der Lambacher Au jährt sich 2021 zum 25. Mal. Am 11. April 1996 war der legendäre Baustopp durch den Verwaltungsgerichtshof. Auf Grund von fundamentalen Verfahrensfehlern im Wasserrechtsbescheid, mussten die Gerichte das Projekt bis zur rechtlich wirksamen Genehmigung stoppen, um kein illegales Bauwerk in die Landschaft bzw. Traun zu stellen. Jedem Normalbürger und Häuslbauer droht in so einem Fall des Rechtsbruches der Totalabriss seines geliebten und bitter vom Mund abgesparten Häuschens. Marina Wetzlmaier und Thomas Rammerstorfer haben die Ereignisse in einem Buch zusammengefasst, dieses soll trotz Pandemie nun der Öffentlichkeit präsentiert werden. Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau eines Wasserkraftwerkes an der Traun zwischen Lambach und Stadl-Paura. Eine bemerkenswerte Protestbewegung wurde aktiv. AnrainerInnen und UmweltschützerInnen aus ganz Österreich besetzten den Wald und lieferten Polizei, Bauarbeitern und Kraftwerksbefürwortern ein dreimonatiges „Katz und Maus“-Spiel. Es war die längste Besetzung dieser Art in der österreichischen Geschichte. Bitte die aktuellen Corona-Bestimmungen beachten. Die musikalische Umrahmung bzw. Programmanpassungen werden je nach Witterung bzw. Corona-Lage durchgeführt bzw. können Programmpunkte auch entfallen.

Eintritt: FREIWILLIGER KULTURBEITRAG

BITTE UNBEDINGT ANMELDEN: t.rammerstorfer@gmx.at

Herbert Huss: Der Kraftwerkswiderstand in Stadl-Paura und seine Folgen


Die ganze Traun eine geschlossene Kraftwerkskette im Schwellbetrieb? Was heutzutage unvorstellbar ist, war vor 34 Jahren konkreter Plan der OKA, der von der lokalen Politik auf Zustimmung stieß. Zentrales Element dieser Kraftwerkskette sollte das Kraftwerk Edt sein, dessen 20m hohe Staumauer die Traun bis ins Ortsgebiet von Stadl-Paura eingestaut hätte. Besonders gravierend wäre aber die Errichtung eines riesingen Speichersees in Stadl-Ufer gewesen, der mit täglichen Wasserspiegelschwankungen von 2 m zusätzliches Schwellvolumen in den Schwellrhythmus der Traun hätte bringen sollen.
Der Umstand, dass dieses Projekt von den betroffenen Gemeinden Stadl-Paura, Lambach, Edt und Fischlham weitgehend akzeptiert wurde, führte in Stadl-Paura zur Gründung der „Bürgerinitiative Traun“, der es gelang medial Stimmung gegen dieses völlig überdimensionierte Kraftwerk zu machen und damit nicht unwesentlich dazu betrug, dass dieses Projekt fallengelassen wurde.

1988 wurde vom damaligen Landeshauptmann der Auftrag zu einer Umplanung in die beiden Kraftwerke Lambach und Saag erteilt.

Für Stadl-Paura war damit zwar Stadl-Ufer gerettet, ein wesentliches Problem blieb jedoch, nämlich die problematische Gewässergüte der Traun. Jahrelang waren die Abwässer der Papierindustrie weitgehend ungeklärt in die Traun gelangt und es bestanden berechtigte Zweifel, ob die für einen Aufstau notwendige Gewässergute II zu erreichen ist.
Mahnendes Beispiel war das Kraftwerk Marchtrenk, in welches Sauerstoff hineingequirlt werden musste, um die Geruchsprobleme in den Griff zu bekommen. Außerdem war die Traun noch immer stark mit Zink belastet und der Welser Amtsarzt warnte wegen zu hoher Keim-Fracht vor einem Bad in der Traun. Deshalb formierte sich auch ein Widerstand gegen dieses Projekt und es kam zu einem Gemeinderatsbeschluss mit der Forderung nach Gewässergüte II im Stau.

Weiters wurden drei Umweltverträglichkeitsgutachten, Energiesparmaßnahmen und schließlich der Erhalt der freien Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura gefordert. Da diese Bedingungen nicht erfüllt wurden, trat die Gemeinde Stadl-Paura gegen den Kraftwerksbau auf.

Das zentrale Anliegen der „Bürgerinitiative Traun“ war der Schutz der noch verbleibenden freien Fließstrecke zwischen Kemating und Wels. In Oberösterreich waren Donau, Inn, Enns und Untere Traun unterhalb von Wels bereits in geschlossenen Kraftwerksketten ausgebaut und 92% des Wasserkraftpotentials genutzt. Die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura unnd Wels war die letzte bedeutende Auenfließstrecke Oberösterreichs, die sich überdies durch eine besonders hohe ökologische Wertigkeit auszeichnete. Die Bürgerinitiative fand im WWF, dem Naturschutzbund, der Österreichischen Gesellschaft für Vogelkunde, dem Alpenverein aber auch dem Arbeitskreis Ökologie der Diözese Linz rasch Verbündete im Kampf gegen diese Kraftwerke. 1993 wurde das Kraftwerk Saag zurückgezogen, sodass nur mehr das Kraftwerk Lambach zur Diskussion stand.

Die wesentlichen Naturschutzargumente galten jedoch auch für diesen Flussabschnitt. Ein Bau kam deshalb für die oberösterreichische Naturschutzbehörde und die zuständige Naturschutzlandesrätin nicht in Frage. Außerdem stand der Bau in Widerspruch zu EU-Recht, da die Fließstrecken zwischen Gmunden und Wels als „international schützenswert“ anerkannt waren. Dennoch wurde der Bau in der Landesregierung durchgedrückt, indem der zuständigen Naturschutz-Landesrätin kurzerhand die Kompetenz entzogen wurde.

Diese willkürliche Ausschaltung des Naturschutzes war für die „Bürgerinitiative Traun“ ein Grund, um sich, unterstützt von GLOBAL 2000, bei Baubeginn am 9. Jänner 1996 den Baggern entgegenzustellen. Was folgte, war die längste Au-Besetzung in der Geschichte der österreichischen Umweltbewegung. Sie endete erst am 11. April 1996, als der Verwaltungsgerichtshof einen Baustopp verordnete. Im November 1997 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen und drei Jahre später wurde das Kraftwerk seiner Bestimmung übergeben.

Folgen des Widerstands
Da vor Ort erbitterter und von der Kronenzeitung massiv unterstützter Widerstand geleistet wurde und sich auch der Bundespräsident und Bundeskanzler in den Konflikt eingeschaltet hatten, sahen sich der damalige Landeshauptmann und die OKA zu Zugeständnissen genötigt.

• Das Kraftwerk wurde fast gänzlich umgeplant. Der links vom Kraftwerk gelegene Fischaufstieg wurde neu gestaltet. Neu dazugekommen sind der rechts gelegene Fischaufstieg, jener beim Stadler Wehr sowie die Biotope an der Ager. Auch die landschaftlich ansprechende Gestaltung der Ager-Mündung, der Badeinsel und sämtlicher Uferbereiche sind auf diese Umplanung zurückzuführen.
• Ein rechtlich verbindlicher Schutz der Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura wurde zwar immer wieder versprochen, aber nie durchgesetzt. Erst als die Bürgerinitiative Traun beim geplanten Neubau des KW Stadl-Paura wegen der nicht eingehaltenen Zusagen mit erneuten Protesten drohte, wurde dieses Thema erst genommen und vom damaligen Wasser-Landesrat auch durch eine entsprechende Änderung der „Traun-Verordnung“ am 30. März 2009 umgesetzt.
• In Stadl-Paura wurden drei Grundwasserpumpstationen errichtet, die verhindern, dass es durch den Aufstau zu Schäden bei Gebäuden kommt.
• Für die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura und Wels wurde ein rechtlich verbindlicher Schutz erreicht, was den Weg für das Rückbauprojekt in der Fischlhamer Au frei machte.
• Zwischen Stadl-Paura und Gmunden wurde 2011 ein Vogelschutzgebiet errichtet, nachdem sich die OÖ Landesregierung in einem bei der EU-Kommission wegen des Kraftwerkbaus durchgeführten Verfahren dazu verpflichtet hatte.

Buchtipp:
Kampf um die Traun

Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau des Traun-Kraftwerks Lambach. StadlingerInnen und UmweltaktivistInnen besetzten die Au in Stadl-Paura. Eine nicht vorhersehbare Protestbewegung enstand, die zur längsten Besetzungsaktion in der Geschichte der österreichischen Umweltbewegung wurde.
Das Buch erzählt ein bemerkenswertes Stück Zeitgeschichte anhand ökologischer, politischer, sozialer und ökonomischer Aspekte. Es kommen AktivistInnen, ZeitzeugInnen und PolitikerInnen zu Wort, KraftwerksgegnerInnen ebenso wie -befürworterInnen. Wetzlmaier und Rammerstorfer zeichnen damit ein vielstimmiges Bild der Affäre, die Oberösterreich spaltete wie kaum ein anderes Ereignis der Nachkriegszeit.

Rammerstorfer Thomas, Wetzlmaier Marina: Kampf um die Traun. Verlag Bibliothek der Provinz

(Herbert Huss, Biologe und Sprecher der Bürgerinitiative Traun, Rezension in der Stadlinger Post. Gemeindezeitung von Stadl-Paura, Ausg. 1/21, Jänner – März 2021, S. 24 f.)

Jetzt im Buchhandel: Kampf um die Traun

Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau eines Wasserkraftwerkes an der Traun zwischen Lambach und Stadl-Paura. Eine bemerkenswerte Protestbewegung wurde aktiv. AnrainerInnen und UmweltschützerInnen mit Unterstützung aus ganz Österreich besetzten den Wald und lieferten Polizei, Bauarbeitern und Kraftwerksbefürwortern ein dreimonatiges Katz-und-Maus-Spiel: die längste Besetzung dieser Art in der österreichischen Geschichte. Im Mikrokosmos der beiden Kleinstädte spitzte sich die Lage zu. Die Auseinandersetzung wurde nicht nur um Bäume geführt, es war ein Kampf um die Meinung im Lande.
Das Buch erzählt ein bemerkenswertes Stück Zeitgeschichte anhand ökologischer, politischer und ökonomischer Aspekte. Es kommen AktivistInnen, ZeitzeugInnen und PolitikerInnen zu Wort, KraftwerksgegnerInnen ebenso wie -befürworterInnen. Wetzlmaier und Rammerstorfer zeichnen damit ein vielstimmiges Bild einer Affäre, die Oberösterreich spaltete wie kaum ein anderes Ereignis der Nachkriegszeit.

Die Referentin: http://diereferentin.servus.at/es-war-ein-oeko-krieg/  

OÖN: https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/wels/der-kampf-um-die-traunau-ist-wie-ein-lehrstueck-einer-radikalisierung;art67,3335837  

Tips: https://www.tips.at/nachrichten/wels/land-leute/525355-neues-buch-rollt-lambacher-kraftwerks-konflikt-auf  

DORF TV: https://www.freie-radios.online/sendung/aktivismus-gegen-bauprojekte-historisches-beispiel-besetzung-der-lambacher-au

Wels: Spurensuche einer Stadtgeschichte

Das Verhältnis einer Stadt zu ihrer Geschichte lässt sich am Umgang mit ihren Denkmälern erkennen. In Wels wird um den Erhalt jedes Denkmals gekämpft. Sei es um Befunde aus der Römerzeit. Oder die letzte Baracke des ehemaligen Flüchtlingslagers 1001. Der Schutz dieser Denkmäler hängt oft vom ehrenamtlichen Engagement historisch Interessierter ab. Marina Wetzlmaier hat mit zwei von ihnen gesprochen und einige Spuren der Welser Geschichte entdeckt.

Die Spurensuche beginnt im Modegeschäft Neugebauer im Zentrum der Stadt. Die lebensgroße Legionärsrüstung im Schaufenster lässt erahnen, dass hier etwas anders ist. Im Geschäft selbst fallen Vitrinen auf: eine enthält Reste der römischen Stadtmauer, eine andere Scherben von Tongefäßen und Nachbildungen römischen Schmucks. Warum sich diese Gegenstände hier befinden, erklärt Geschäftsinhaber Albert Neugebauer selbst. Er erzählt außerdem was uns die Römerzeit über Diversität in einer Gesellschaft lehrt und welche Zusammenhänge er zur Gegenwart zieht.

Die zweite Station der historischen Spurensuche befindet ich im Welser Stadtteil Lichtenegg, wo sich die letzte Baracke des Flüchtlingslagers 1001 befindet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden hier zehntausende Menschen eine Unterkunft. Ihre Nachfahren leben teilweise bis heute in Wels. Thomas Rammerstorfer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Geschichte des Lagers 1001. Die Baracke steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Wie es dazu kam und wie es mit dem eher baufälligen Gebäude weitergeht, erzählt Rammerstorfer im Interview.

Zu hören hier: https://cba.fro.at/476190

Presserat rügt rechtes Medium „wochenblick.at“ für manipuliertes Foto

Wien/Linz – Der Presserat kritisiert die Onlinezeitung „wochenblick.at“, weil sie ein manipuliertes Foto veröffentlicht hat. Der Extremismus-Experte und Grün-Politiker Thomas Rammerstorfer sei in einer Bildmontage fälschlicherweise als kränklich dargestellt worden, wodurch das rechte Medium gleich gegen mehrere Punkte des Ehrenkodex der österreichischen Presse verstoßen habe, hielt der Presserat in einer Aussendung am Freitag fest. (Der Standard) – weiterlesen bitte hier:

https://www.derstandard.at/story/2000120969829/presserat-ruegt-rechtes-medium-wochenblickat-fuer-manipuliertes-foto

Politische Interventionen an Schulen unzulässig

POLITISCHE INTERVENTION AN SCHULEN UNZULÄSSIG

Fast drei Jahre nach der Intervention an Linzer Honauerschule die die FPÖ herrscht auf unseren Antrag nun Klarheit.
Durch diesen Spruch der Bildungsdirektion herrscht nun endlich Klarheit. Eine Einflussnahme in die Unterrichtsgestaltung ist unzulässig und damit natürlich auch eine politische Intervention. Zudem bekommen die PädagogInnen in solchen Fällen volle Rückendeckung durch die Schulbehörde. Auch das haben wir unmissverständlich eingefordert. Fast drei Jahre nach dem von einem FPÖ-Vertreter erzwungenen Unterrichtsabbruch an der Linzer Honauerschule sind nun die Vorkehrungen getroffen, dass es einen solch empörenden Vorfall nicht mehr geben wird. Das ist das Ergebnis der Debatte im Bildungsausschuss. Damit ist der gemeinsam mit der SPÖ eingebrachten Antrag umgesetzt.

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„Stoppt die Rechten“ über das „Handlungskonzept gegen Extremismus“

Thomas Rammerstorfer hat sich in einem ausführlichen Beitrag auf seinem Blog mit der jüngsten Evaluation des Handlungskonzepts, einer „Mischung aus fragwürdigen „Analysen“, Auslassungen und begrifflicher Verwirrung“ beschäftigt.

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Land Oberösterreich: Keine Veranstaltungen mit „Bezug zum Rechtsextremismus bekannt“

2010 wurde in Oberösterreich ein „Handlungskonzept gegen Extremismus“ beschlossen, das 2015, 2016 und nunmehr im November 2019 evaluiert wurde. Auszüge aus der neuesten Version liegen nunmehr vor: Eine Mischung aus fragwürdigen „Analysen“, Auslassungen und begrifflicher Verwirrung. Aber schauen wir uns das Papier zum Thema Rechtsextremismus mal an.
Punkt 1 ist ein „Executive Summary“ (deutsch in etwa: „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“). Darin heißt es:

„Die Anzahl der Anzeigen im Bereich Rechtsextremismus/Rechtsradikalismus ist zuletzt zurückgegangen (2016: 242, 2017: 192 und 2018: 185 Tathandlungen). Der Anstieg der Vorjahre war auf die Flüchtlings- und Asylthematik zurückzuführen.
Im Bereich Linksextremismus war zuletzt ebenfalls ein Rückgang zu verzeichnen, wobei die An-zahl der Fälle nach wie vor im unteren Bereich liegt (2017: 21 Vorfälle, 2018: 7 Vorfälle).
Wie auch in den Vorjahren kam es 2018 bei Versammlungen rechtstendenziöser Organisationen und Gruppierungen immer wieder zu Gegenkundgebungen seitens der linkstendenziösen Szene sowie auch zu einem Ansteigen gegenseitiger Beleidigungen im Bereich der Sozialen Medien.
Seitens der „Identitären Bewegung“ wurden in Oberösterreich Versammlungen, Plakataktionen und Stammtische durchgeführt. Der „harte Kern“ der Bewegung in Oberösterreich dürfte derzeit aus ca. 10 Personen bestehen.“

Hier haben wir schon die erste fragwürdige Behauptung, nämlich dass der Anstieg des Rechtsextremismus auf die „Flüchtlings- und Asylthematik zurückzuführen“ sei. Begründet wird dies nicht. Dem widerspricht auch der (nicht erwähnte Anstieg) rechtsextremer Straftaten im ersten Halbjahr 2019, trotz weiterhin sinkender Flüchtlingszahlen. Grundsätzlich haben wir hier auch schon dass Problem, dass die verwendeten Begriffe rechtsextrem, rechtsradikal, rechtstendenziös etc. nicht definiert werden.

Punkt 2 ist ein „Aktuelles Bild zur Lage des Extremismus in Oberösterreich“

„Neben dem Rechts- und Linksextremismus sind weitere Aufgaben die Beobachtung militanter Tierrechtsgruppen, der gewaltbereiten Fußballfanszene sowie Gruppierungen und Organisationen mit separatistischer bzw. islamistischer Ausrichtung.
Ein weiteres Phänomen stellt in Oberösterreich die „Identitäre Bewegung“ dar, deren Aktivitäten und Vorgangsweisen hauptsächlich im rechtstendenziösen bis rechtsradikalen politischen Spektrum zu verorten sind. Zur Umsetzung der Ideologie wird hauptsächlich die Fremden-Asylproblematik aber auch die Ausländerkriminalität thematisiert.“

Wieder verwirrend: Die Identitären werden nicht dem Rechtsextremismus zugeordnet, aber deren Aktivitäten im „rechtstendenziösen bis rechtsradikalen politischen Spektrum“ verortet. Auch die Verwendung eines Suggestivbegriffes wie „Ausländerkriminalität“ ist zwar nicht unüblich, nichtsdestotrotz kritikwürdig.

„Neben der Ausländer- und Asylsituation spielen in diesem Zusammenhang auch die bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in den arabisch dominierten Staaten, wie z.B. dem Irak, Syrien und Libyen eine bestimmte Rolle, zumal die dortigen Vorgangsweisen islamistischer Gruppierungen, wie z.B. der IS (Islamischer Staat) und deren Unterstützung durch in Europa lebende Muslime mit salafistischer Ideologie, rechtstendenziöse Gruppierungen, wie z.B. die „Identitäre Bewegung“ förderte.
Zur zuletzt angesprochenen Problematik ist auszuführen, dass diese durch das weitestgehend passive Verhalten der Islamischen Glaubensgemeinschaft bzw. der Islamischen Religionsgemeinde und bestimmter in OÖ angesiedelter muslimischer Vereine eher gefördert, denn dieser Entwicklung entgegengetreten wurde.“

Hier ist nicht ganz klar was gemeint ist. Die IGGÖ ist dem IS zu wenig entgegengetreten? Das ist schon starker Tobak. Der IGGÖ kann man manches vorwerfen, aber sie positioniert sich klar gegen terroristischen Djihadismus a la IS.
Der nächste Punkt nennt sich dann „2.1. Rechtsradikalismus/ -extremismus“ und beginnt mit einer Nennung diverser Zahlen zu rechtsextremen Straftaten, die alle bekannt sind. Dann die Feststellung:

„Weder aus dem Jahr 2017 noch aus dem Jahr 2018 sind Veranstaltungen mit Bezug zum Rechtsextremismus bekannt.“

Wie bitte? Selbst hatte man zuvor auf „Versammlungen, Plakataktionen und Stammtische“ hingewiesen. Dazu kommt mindestens ein Neonazi-Konzert 2017 („Fylgien“ in Ried i. I.) oder der „Verteidiger Europas“-Kongress 2018 in Aistersheim, dutzende kleinere Veranstaltungen rechtsextremer Medien usw. usf. – die meisten davon wurden sehr wohl „bekannt“.

Es wird noch skurriler:

„Nach näherer Betrachtung unter Einbeziehung verschiedenster näherer Umstände und Komponenten darf zur Bewertung der rechtsextremen Szene in Oberösterreich festgestellt werden, dass anhand des Zahlenmaterials keine tatsächliche objektive Quantifizierung bzw. Qualifizierung durchgeführt werden kann, zumal für eine realistische Lagebeurteilung die jeweilige Deliktsqualität in Zusammenhang mit der ideologischen Ausrichtung der Täter ein wesentliches Indiz bildet. Der tatsächliche Rückgang liegt hauptsächlich in der Beendigung des Flüchtlingsstromes aus den Jahren 2015 und 2016 sowie im Rückgang der Antragszahlen der letzten beiden Jahre.“

Dass von den VerfasserInnen keine „tatsächliche objektive“ Analyse durchgeführt werden kann, ist augenscheinlich. Dafür ist aber wohl eher der fehlende politische Wille und eigenes Unvermögen verantwortlich denn das „Zahlenmaterial“. Dann wird wieder ein „Flüchtlingsstrom“ für rechtsextreme Verbrechen verantwortlich gemacht, bzw. dessen „Beendigung“ für eine angebliche Verbesserung der Lage auf diesem Gebiet. Nach weiteren recht schwammig gehaltenen Ausführungen zu diversen rechten Gruppen und Subkulturen kommt man wiederum zu den „Identitären“, für deren Aktivitäten wieder – richtig geraten – die Flüchtlinge verantwortlich sind:

„Im Berichtszeitraum kam es seitens der „Identitären Bewegung“ zu verschiedensten Aktivitäten, wobei diese ihren Ursprung in der durchaus als angespannt zu bezeichnenden Asyl- und Flüchtlingssituation finden.“

Nebenbei erwähnt, es wird auch nicht definiert, was der „Berichtszeitraum“ ist. Weiters:

„Zusammenfassend wird ausgeführt, dass auch hin künftig davon auszugehen ist, dass Organisationen, die derzeit der „Neuen Rechten“ zuzurechnen sind, aufgrund der anhaltenden Globalisierung auch weiterhin zunehmen werden.“

Aha. Die Globalisierung also. Alles klar.

In „2.1.6 Rechtsextremistische Veranstaltungen“ gehts dann weiter:

„Im Bereich der klassischen ideologisierten Szene kam es im Jahr 2015 zu kleineren Veranstaltungen, die oftmals unter dem Deckmantel von Literaturveranstaltungen stattfanden. Danach fanden in OÖ keine solchen Veranstaltungen mehr statt.“

2.1.8 zur „Rekrutierung und Radikalisierung im Bereich Rechtsextremismus“:

„Den Erfahrungen folgend, erfolgt die Rekrutierung hauptsächlich im Internet bzw. in den Sozialen Medien. Außerdem dürften auch bei etwaigen deutschnationalen Studentenveranstaltungen sowie einschlägigen Sport- und Musikveranstaltungen Rekrutierungsversuche unternommen werden. Einen diesbezüglichen Hotspot stellen derzeit vor allem auch Rekrutierungsversuche im Zuge von Veranstaltungen der „Identitären Bewegung“ dar (…)“

Okay, also wird auf Veranstaltungen rekrutiert? Interessant. Es gibt also Veranstaltungen, nur stuft man diese offenbar nicht als rechtsextrem ein. Denn rechtsextreme Veranstaltungen gibts ja seit 2015 nicht. Wieder zu den Identitären. Seit dem

„(…) letzten Quartal 2018, ist wiederum ein deutlicher Anstieg von Aktivitäten in Form von Stammtischen, Durchführung von Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz, vor allem in der Landeshauptstadt und diversen Bezirksstädten, feststellbar.“

Zusammenfassend kann man also sagen: In Oberösterreich gibts Rechtsextreme, die machen aber nix, zumindest nichts konkretes, und wenn ja dann wegen der Flüchtlinge. Und die Identitären sieht man nicht als Rechtsextreme, sondern als „Neue Rechte“. Spannend: Denn normalerweise werden die Identitären vom LVT, wie auch vom deutschen Verfassungsschutz, als „rechtsextrem“ eingestuft. In Oberösterreich anscheinend nicht. Hier ticken die Uhren wohl etwas anders, ziemlich rechtstendenziös, insofern nichts Neues ob der Enns.

Thomas Rammerstorfer

Morgen: Großveranstaltung der rechtsextremen „Graue Wölfe“ in Langenstein/Oberösterreich

Morgen, Samstag, den 23. November 2019, wird Langenstein Besuch bekommen: Die Rechtsextremen der „Türkischen Föderation“ bzw. des Linzer Vereins „Avrasya“ haben sich angekündigt. Mit ihnen hunderte AnhängerInnen der Grauen Wölfe aus Österreich und Deutschland. Aus Wien reist man mit Bussen an.
Was wird geboten? Ein Konzert dreier Stars der nationalistischen Musikszene: Osman Öztunc, Gökhan Tekin und Ahmet Güven. Alle drei quasi „Parteisänger“ der MHP, der Partei der „Grauen Wölfe“. Der Veranstaltungsort wurde lange geheim gehalten, nur telefonisch bekannt gegeben: Laut „Grauen Wölfen“ ist es die Stocksporthalle des ATSV Langenstein im Bezirk Perg. Keine große Überraschung, beim letzten ganz großen Event von Avrasya war man ebenfalls hier zu Gast. Die Bilder und Videos aus dem Jahr 2017 machen eigentlich wenig Lust auf mehr: Hunderte Menschen, die Fahnen der MHP bzw. diverser „Turkstaaten“ schwenken, den (mittlerweile verbotenen) „Wolfsgruß“ zeigen. Kinder, die in Militäruniform nationalistische Parolen dreschen. Eine junge Frau, die eine Fahne mit der Aufschrift „Rehber Kuran hedef Turan“ schwenkt: „Unser Weg ist der Koran, unser Ziel Turan (= das großtürkische Reich)“.

Die Adresse des Events bekommt man über eine Kontakt-Telefonnummer, die auch „Vizyon Türk“ nutzt. Vizyon Türk zeigt türkische Filme in diversen Megaplexen. Der Filmverleih scheint ein gutes Business für die „Grauen Wölfe“, seit dem Vorjahr ist man mit der „Cinedex OG“ europaweit im Geschäft. Gezeigt wird leichte Kost, aber auch faschistische Propagandastreifen. Einer der beiden Teilhaber von Cinedex ist Abdurrahman A., der 2016 als „Wolfsgrüßer“ in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen bekannt wurde und auch bei „Avrasya“ dabei ist. Sollte man in Langenstein eigentlich mitbekommen haben: Die Gedenkstätte liegt keine zwei Kilometer entfernt, auf dem Gemeindegebiet von Langenstein selbst befindet sich Gusen.

Zum Thema ATSV-Halle: Die „Reservierung für Veranstaltungen“ läuft laut Homepage über Bürgermeister Aufreiter (SPÖ). Graue-Wölfe-Veranstaltungen im Einflussbereich der SPÖ waren auch 2019 keine Seltenheit. Im Jänner gab es in Linz eine Veranstaltung im Volkshaus Harbach. Im April ein Fußballturnier („Turan Turnier“) auf einem ASKÖ-Platz.

20. November 2019: Buchpräsentation „Die Macht des Diyanet“ in Linz

Die Macht des Diyanet – das türkische Präsidium für Religionsangelegenheiten und sein Einfluss im deutschsprachigen Raum

Buchpräsentation und Diskussion
Mittwoch, 20. November 2019 von 18:30 bis 21:30
Grünschnabel, Landgutstraße 17, 4040 Linz
Gastgeber: Die Grünen Interkulturell

Immer wieder befindet sich der Moscheeverband ATIB im Zentrum kontroverser Diskussionen. Gern in den österreichischen Medien als „verlängerter Arm“ der Türkei bezeichnet, werden ihm AKP-Hörigkeit, Spitzeldienste sowie islamistische, nationalistische Propaganda, Indoktrinierung von Kindern und ein rückwärtsgewandtes Frauenbild vorgeworfen.

In ihrem Buch versuchen Marina Wetzlmaier und Thomas Rammerstorfer die Kontroversen um die Diyanet-nahen Verbände im deutschsprachigen Raum objektiv, realistisch und dennoch kritisch darzustellen. Zum Schluss diskutieren wir die Frage nach dem Umgang mit ATIB in Österreich.