Kategorie-Archiv: Rechtsextremismus

Braune Umtriebe im Heimatgau

aus: Analyse & Kritik, Hamburg, Nr. 588, November 2013 

Objekt 21: Nazis in Österreich mit guten Kontakten nach Thüringen

Von Thomas RammerstorferJanuar 2013: Einer erstaunten Öffentlichkeit in Österreich wird mit Objekt 21 ein in seinen Dimensionen nahezu einzigartiges kriminelles Netzwerk präsentiert: Die oberösterreichische Polizei macht die Neonazigruppe für zahlreiche Straftaten wie Einbrüche, Brandanschläge, Entführung, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel, Körperverletzungen usw. usf. verantwortlich.

Benannt ist die Gruppe nach der Anschrift ihres Anwesens im Ortsteil Windern, einem kleinen Ort zwischen Braunau und Linz. Der Nazikameradschaft mit engen Verbindungen nach Bayern und Thüringen rechnet die oberösterreichische Polizei rund 30 Mitglieder und etwa 200 Anhänger aus Österreich und Deutschland zu. Bei Razzien im Januar wurden unter anderem Sturmgewehre, Maschinenpistolen und zehn Kilogramm Sprengstoff gefunden.

Der Zerschlagung der Gruppe im Januar ging eine jahrelange Untätigkeit der Sicherheitskräfte vor. Dabei waren die Hintermänner und Aktivitäten von Objekt 21 längst bekannt. Alleine in der Tageszeitung »Österreich« erschienen seit 2010 gezählte 30 Artikel mit detaillierten Informationen, insbesondere zu den neonazistischen Verbrechen der Gruppe. Am 4. November 2013 verurteile das Landgericht Wels nun sieben Männer wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Doch die Mühlen der Gerechtigkeit mahlen nur langsam und schlampig.

Anfang 2010 stießen AntifaschistInnen auf das Objekt 21, eine relativ offen agierende Neonazigruppe, die im Örtchen Desselbrunn am Rande des Salzkammergutes ein Haus angemietet hatte. Ein Szeneaussteiger lieferte Beweismaterial: Fotos von mit Hakenkreuzen »verzierten« Wänden, von völkischen Liederabenden mit deutschen und österreichischen Szenebarden, Saufgelagen und dergleichen mehr. »Wir hatten die in wenigen Tagen ausrecherchiert. Aufgrund der völlig offensichtlichen NS-Wiederbetätigung dachten wir, die Sache werde vom Verfassungsschutz kurz und schmerzlos erledigt«, erzählt Roman G., ein Ebenseer Antifaaktivist. Doch es sollte anders kommen.

Erst zwei Monate nach Beginn der antifaschistischen Öffentlichkeitsarbeit erfolgte eine Hausdurchsuchung, die dann freilich wenig Verwertbares zutage förderte. Die Bezirkshauptmannschaft brauchte bis 2011, um einen von den Nazis zur Tarnung gegründeten Kulturverein zu verbieten. Angesichts der behördlichen Untätigkeit traten die »Objektler« zunehmend frecher auf und erweiterten ihre Tätigkeiten. Man stieg ins Rotlichtmilieu ein, verdiente dort als Auftragsbrandstifter und Berufsschläger. Drei Bordelle wurden übernommen, ein Versand etabliert (»NS Squad«) und Konzerte veranstaltet.Engste Beziehungen pflegte man zu Kameraden aus Thüringen. Die Gruppe war streng hierarchisch strukturiert, unumstrittener Führer Jürgen W., der auch während der Verbüßung einer 2009 verhängten Haftstrafe per Facebook und Handy die Aktivitäten koordinierte. Diverse Versuche zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch vonseiten deutscher Sicherheitskräfte scheiterten am Desinteresse ihrer österreichischen KollegInnen.

Das ganze Ausmaß an behördlicher Unfähigkeit und Unwilligkeit brachte der Prozess vor dem Landgericht Wels im Herbst 2013 zutage. Zwar waren die Aktivitäten der Gruppe jahrelang bekannt, die tatsächlichen Ermittlungsergebnisse aber nur rar. Die Erhebungen liefen verspätet an, bei Hausdurchsuchungen wurde Beweismaterial übersehen, die Anklageschrift wurde wegen Formfehlern vom Landesgericht zunächst zurückgewiesen. Weder wurden Telefone abgehört noch Internetaktivitäten überwacht. Die offene Facebook-Gruppe der »Objektler« fiel niemandem auf – sie besteht bis heute.

Auch die Auswahl der Angeklagten ist nicht nachvollziehbar. Einige kleine Mitläufer landeten vor Gericht, einige Kader der Gruppe blieben unangetastet. Der gesamte Komplex wird zudem nicht im Ganzen vor die Justiz gestellt, sondern in einzelne Tatbestände filetiert. Hier wird mal eine Brandstiftung verhandelt, da ein paar Einbrüche, auch die NS-Wiederbetätigungen werden nach einem nicht nachvollziehbaren Muster aufgeteilt.

So wartet etwa der Thüringer Naziliedermacher Phillip T. in der JVA Korneuburg auf einen Prozess, der in der österreichischen Szene eine wesentliche Rolle zu spielen scheint. Ebenso wie Andreas P. aus Gotha (Thüringen), der in Linz sitzt. Das Wesentliche wurde in Wels offensichtlich übersehen – oder bewusst vertuscht: Hier operierte eine militante, neonazistische, streng hierarchisch gegliederte Bande mit besten Verbindungen in die deutsche, vor allem Thüringer rechtsterroristische Szene.

»Die Unbedarftheit, mit der die Polizei wohl jahrelang dem Treiben zugesehen hat bzw. den neonazistischen Kontext ausblendete, erinnerte schon fatal an Ermittlungspannen der bundesdeutschen Behörden in den Anfangsjahren des NSU«, so die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Martina Renner, die nun eine parlamentarische Anfrage zu den Vorkommnissen stellt. Es bleibt abzuwarten, ob dadurch Licht ins Braune kommt.

Thomas Rammerstorfer arbeitet als freier Journalist und lebt in Oberösterreich.

Der Heimatgau

Wenige Landstriche Europas haben vom »Dritten Reich« ähnlich nachhaltig profitiert wie der »Heimatgau des Führers«, Oberösterreich. In sieben Jahren NS-Herrschaft erfuhr der damalige »Gau Oberdonau«, in erster Linie durch den rücksichtslosen Arbeitseinsatz von ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen, einen massiven Industrialisierungs- und Modernisierungsschub. Dadurch sind Ansichten a la »Hitler hat auch viel Gutes getan« sowohl bei den Eliten als auch der Arbeiterschaft weit verbreitet und tradiert. Oberösterreich gilt als Bundesland mit dem größten Rechtsextremismusproblem.

Parlamentarische Anfrage zu „Objekt 21“ und Kameraden in Deutschland

Während die oberösterreichische PolitikerInnen in Sachen antifaschistischer Aktivitäten in ihren üblichen Dornröschenschlaf entschlummert sind, nimmt zumindest die deutsche Partei „Die Linke“ die Sache ernst. Heute – 5. November 2013 – wird eine parlamentarische Anfrage zu den grenzüberschreitenden Naziaktivitäten eingebracht. Mit der deutschen Bundestagsabgeordnete Martina Renner, die im Gegensatz zu ihren heimischen BerufskollegInnen den Weg zu „Objekt 21“ – Prozess nach Wels fand, sprach ich ebenda.

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Was gibt es für Verbindungen von Objekt 21 nach Deutschland?

Wenn man sich die Neonazis ansieht, die auf bundesdeutscher Seite zum Netzwerk des O21 gehören, dann fällt auf, dass diese überwiegend aus den Strukturen von Blood&Honour, insbesondere entsprechender Bands und deren Umfeld gehören bzw. aus dem Bereich der extrem nazistischen völkischen Organisationen wie der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Enge Verbindungen zwischen Neonazis aus Thüringen zu den braunen Granden in Österreich wie Helmut Schweiger sind ebenfalls belegt. Die Kontakte zwischen den Gruppierungen und Personen gehen zurück bis auf die frühen 2000er Jahre. Regelmäßig waren österreichische Neonazis zu Gast bei rechtsextremen Konzerten und braunen Festivals, wie dem „Thüringentag der nationalen Jugend“. Im Gegenzug zog es Thüringer Neonazis nach Österreich. Es drängt sich nach der Aussage des Belastungszeugen P. der Eindruck auf, dass insbesondere Neonazis, die in Deutschland durch schwere Körperverletzungsdelikte aufgefallen waren bzw. sogar entsprechende Haftstrafen verbüßten gezielt für das Objekt 21 „geworben“ wurden. Zu fragen ist nun, wie groß ist das Netzwerk, welche Aktivitäten hat es auf bundesdeutscher Seite durchgeführt, insbesondere gibt es hier auch Verbindungen in den Bereich der Organisierten Kriminalität und welche Gefährdung geht durch diese Personen und Hintermänner aus.

Wie schätzen sie die Arbeit der oberösterreichischen Behörden ein?

Im Prozess hatte man schon ein Deja vu. Die Unbedarftheit mit der Polizei wohl jahrelang dem Treiben zugesehen hat bzw. den neonazistischen Kontext ausblendete, erinnerte schon fatal an Ermittlungspannen der bundesdeutschen Behörden in den Anfangsjahren des NSU. Bezeichnend ist auch, dass erst von außen der Druck derart hoch angesetzt werden musste, durch die Veröffentlichung von Bildern aus dem Objekt 21, dass entsprechende Strafverfolgungsmaßnahmen gezielt in Gang gesetzt wurden. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass die Diskussion um diese Strukturen nicht trennt zwischen hier Organisierte Kriminalität und da Naziterror. Eines muss klar sein, das sind zwei Seiten einer Strategie. Nämlich ein autonomes Netzwerk zu schaffen, dass genügend Geld verfügt Neonazis zu binden, aber auch Waffen etc. zu besorgen.

Mehr Infos und die Anfrage gibts in Kürze auf: http://www.martinarenner.de

Road Crew: Die „unpolitischen“ Neonazis

Neue subkulturelle Trends und Organisationsformen deutscher Rechtsextremer finden heute meist schnell ihre Entsprechungen in Oberösterreich. Die Szene ist über die Staatsgrenze hinweg gut vernetzt. Neonazis aus Oberösterreich besuchen ihre Kameraden regelmäßig, gehen mit ihnen auf einschlägige Konzerte oder zum Fußball. Mit der „Road Crew“ ist nun eine neue Form rechtsextremer Männerbündelei auch in Österreich angekommen. Führend dabei sind Neonazis aus Wels und dem Mühlviertel.

Road Crew 24

Die Gruppierung Road Crew 24 entstand an sich als Fanclub der rechten deutschen Skinhead-Band „Barking Dogs“, wobei die 24 für den zweiten und vierten Buchstaben des Alphabets steht, also den Initialen der Band. Nachdem sich die Barking Dogs 2008 auflösten, bestand die Road Crew weiter als eine Art – offiziell unpolitischer – Freizeitverein verschiedener Leute aus der rechtsextremen Skinhead- und Hooliganszene. Von Düsseldorf aus gründete man weitere „Chapter“, zuerst in Bochum, Bielefeld, Mönchengladbach und Stuttgart.[1] Der Begriff „Chapter“ bedeutet hier in etwa „Ortsgruppe“. Er  entstammt dem Rockermillieu, welchem man auch die Organisationsstruktur weitgehend übernommen hat. So setzt man nicht darauf eine breite Masse an Mitgliedern zu rekrutieren, sondern versucht eher ältere, gefestigtere Szenegänger anzusprechen, die ihre Loyalität bereits unter Beweis gestellt haben. Eine neonazistische Einstellung ist dabei kein Muss, aber sicherlich auch kein Hindernis. Die eigenen Veranstaltungen – Feste, Konzerte, Hobbyfußballturniere – werden konspirativ organisiert, die Orte sind nur einem kleinen Kreis an Eingeweihten vorab bekannt, der Rest wird per facebook bzw. SMS erst am Tag des Geschehens informiert.

Road Crew Oberösterreich

Während die Road Crew-Chapter in Deutschland recht bunte Mischungen unpolitischer und rechtsextremer Männerbündler darstellen, dominieren im Anfang 2012 gegründeten Oberösterreich-Chapter Neonazis. Die namentlich bekannten Mitglieder sind Stammbewohner des heimischen braunen Sumpfes: Aus Wels Markus S., altgedienter Anhänger der Nazi-Skinhead-Organisation „Blood and Honour“, verhinderter Kandidat der verbotenen Neonazi-Liste „Die Bunten“ und ehemaliger Aktivist des rechtsextremen „Rapid Club Wels“. Diesem entstammt auch ein weiteres Road Crew-Mitglied, Klaus St., sowie Jungnazi Julian E. aus Weißkirchen bei Wels. Aus dem rechtsextremen Hooligan-Millieu von Blau Weiß Linz stießen Stefan G., Michael N. und Harald A. hinzu, und auch zumindest ein Aktivist der Braunauer Nazi-Szene, Thomas K. ist mit von der Partie. Die via  facebook von deutschen Road Crew-Aktiven ausgegebenen Drohung „Wer zu sehr prahlt und sich der Öffentlichkeit preis gibt, wird schnell am Galgen hängen!“ wird von den Oberösterreichern nicht recht ernst genommen. Dutzende Fotos von Treffen der österreichischen und deutschen Mitglieder wurden veröffentlicht, wohl um Eindruck innerhalb der Szene zu schinden und die Position der RC in Österreich herauszuheben. Im Sommer 2013 wurde schließlich ein „Supporter“-Capter in der Steiermark gegründet, auch ein Italien-Chapter existiert zumindest auf dem Papier.

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Der Organisationsansatz der Road Crew bietet eine Reihe von Vorteilen für die Aktiven. In Zeiten der Politikverdrossenheit, auch bei Menschen mit rechtsextremer Einstellung, wirkt der Freizeitbund anziehend, mit seiner wachsenden Anzahl an Ortsgruppen auch mächtig. Ein behördlicher Verfolgungsdruck besteht nicht, ebenso wenig lästige Verpflichtungen wie Flugblätter verteilen oder dergleichen. Trotzdem kann man sich als Gruppe von Verfolgten und Missverstandenen inszenieren, die nur durch unbedingten Zusammenhalt in einer ach so feindlichen Umwelt bestehen kann.

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[1] http://www.publikative.org/2011/12/21/unpolitischer-freizeitverein-der-barking-dogs-fanclub-road-crew-24/

Wade Michael Page und die deutsche und österreichische Nazi-Musik-Szene

von Thomas Rammerstorfer

Es ist ein Thema, das mich schon länger wurmt, und das trotz aller Brisanz zumindest meines Wissens noch nie behandelt wurde: Die Kontakte des 6-fachen Mörders Wade Michael Page, des „Sikh Temple shooters“, in unsere Breiten.

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Bei einem Konzert in Österreich auf der Bühne: Gregor T., Marcus D., Jasons Stevens und Wade Michael Page

Ein rassistisch motivierter Amoklauf erschütterte am 5. August 2012 die USA. Der Neonazi Wade Michael Page stürmte in Oak Creek/Wisconsin in einen Sikh-Tempel und erschoss sechs Menschen. Weitere wurden verletzt, der Täter richtete sich selbst. Während sich die öffentliche Diskussion schnell auf die US-Waffengesetzgebung fokussierte, wurden die Verbindungen des Täters nach Europa, auch nach Österreich, nie beleuchtet.

Page war Mitglied der internationalen Skinhead-Organisation „Hammerskins“ und ein langjähriger Aktivist der Nazi-Musikszene der USA. Laut US-Medien spielte er, als Vollmitglied oder „aushilfsweise“, bei folgenden Bands: Intimidation One, Youngland, Max Resist, Aggressive Force und den Blue Eyed Devils aus den USA, zudem sprang er auch bei den britischen Celtic Warriors und den deutschen Radikahl ein. Jede einzelne dieser Bands gab auch Konzerte sowohl in Deutschland als auch in Österreich, manche waren mehrmals hier auf Tour. Bei welchen Auftritten Page dabei war und wo nicht lässt sich nur schwer nachvollziehen. Ein Bild eines „Intimidation One“-Auftritts, vermutlich in Vorarlberg, zeigt ihn auf der Bühne mit den österreichischen Blood and Honour-Aktvisten Gregor T. und Marcus D.

Mit der Band Definite Hate spielte er den Song „Take Action“ ein, in dem es heißt: “Revolution’s in the air. 9mm in my hand. You can run but you can’t hide from this master plan.“ Eine Waffe dieses Kalibers, 9 mm, benützte er schließlich auch für seine Morde. Definite Hate und End Apathy waren die letzten Stationen seiner Musikkarriere. Diese begann quasi in Europa. Im Jahr 2000 heuerte er bei Jason Stevens US-Neonazi-Band „Intimidation One“ für eine Tournee dort an.

„Stevens recruited the then-28-year-old Page as a guitarist to fill in for a band member who couldn’t get a passport for an upcoming European tour”[1] berichtet ein US-Magazin. Es dürfte auch Schwierigkeiten mit den Behörden gegeben haben:

“(…) there were a few times Wade was arrested and quickly released when he and his bandmates illegally played their neo-Nazi music in public while on tour in Europe, where several countries have banned public displays of Nazism”[2].

Ob mit oder ohne Probleme, zahlreiche Europa-Auftritte, insbesondere im deutschsprachigen Raum wurden absolviert. 2004 nahm man sogar ein ganzes Album mit ins Englische übersetzten Versionen der Lieder der deutschen NS-Kultband Landser auf. Und so trauern auf Jason Stevens facebook-Seite (Jason Sandeaux) auch Deutsche um Page: Christian Rechenbach aus Thüringen schreibt „R. I. P. my friend“ und „I will remember him as the good, nice and honest person that he was“. Michel Schäfer, ebenfalls aus Thüringen ergänzt: “da geb ich dir recht, lass ihn in unserer erinnerung halten so wie er war.”

Inwieweit andere Thüringer – der im November 2011 enttarnte „Nationalsozialistische Untergrund“ – Page zu seiner Wahnsinnstat inspirierten ist nicht bekannt. Das musikalische Werk von Nazi-Bands wie „Intimidation One“ erfreut sich ungebrochener Beliebtheit im deutschsprachigen Raum. Die 2013 erschienene Best-of CD „10 Years on the frontline“ wird vom „Germaniaversand“ auch im deutschsprachigen Raum ganz legal vertrieben.

Viel Arbeit für den Teufel

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Satan und der Prophet: Der mit jüdischen Symbolen bestückte Satan im Ringen mit den Propheten. Gefunden auf einer Seite der „Avusturya Ülkücü Genclik“, die den rechtsextremen türkischen „Grauen Wölfen“ nahe steht.

 

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Satan und der Führer: Kursiert in FPÖ-nahen facebook-Gruppen. Kindisch-autoritäre Denkmuster gleichen sich auch in ihrer optischen Aufbereitung, Interessant wäre nur: Wer hat wohl von wem geklaut?

Zu guter Letzt steigt noch Gottes Sohn in den Ring:

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Eingedenk dieser Gegnerschar bekommt man ja schon fast „Sympathy for the Devil“…

 

 

Trendfarbe Braun – wie Ewiggestrige in der Popmusik an Einfluss gewinnen

aus „Grüne Schule“ Nr. 1, Juni 2012SONY DSC

Bei der Suche von Jugendlichen nach Identität spielt Musik eine kaum zu überschätzende Rolle. Ganze Jugendkulturen, ja ganze Generationen definier(t)en sich über Musikstile. Sie erscheint auch als primäre Ausdrucksweise sowohl unterschiedlicher Emotionen als auch von gesellschaftlicher Haltungen. Rechtsextreme, die ihre „Opfer“ in Ermangelung intellektueller Kompetenzen oder politischer Programme primär auf der Gefühlsebene ansprechen müssen, haben die Bedeutung populärer Musik erkannt und setzen darauf. Mit zunehmenden Erfolg.

Bis weit in die 70er-Jahre orientierten sich rechtsextreme Jugendgruppen am Erscheinungsbild ihrer historischen Vorläufer der 30er-Jahre. Dementsprechend begrenzt waren die Agitationserfolge. Das Interesse, in Hitlerjugend-Kostümierung bei Marschmusik zu salutieren, hielt sich bei der damaligen Jugend in engen Grenzen. Rockmusik und eine rechte Einstellung schienen unversöhnliche Gegensätze zu sein.

Zu Beginn der 80er importierten v. a. Fußballfans eine neue Jugendszene, die auf den britischen Inseln schon ein Jahrzehnt früher entstanden war: Die Skinheads. Die an sich unpolitische Bewegung wurde schnell zum Rekrutierungsfeld der Naziszene. Im Kontext einer zunehmend nach rechts rückenden Gesellschaft radikalisierten sich immer mehr Jugendliche. Nazi-Rock von Bands wie Störkraft lieferte den Soundtrack für eine Welle an rassistischen Terror mit über 100 Toten, der nach dem Ende der DDR die Bundesrepublik und mit Einschränkungen auch Österreich erschütterte. So erfolgte 1992 der erste eindeutig rassistisch motivierte Brandanschlag Österreichs in Traunkirchen, 1997 kam in Wels ein Mazedonier bei einer Nazi-Brandstiftung zu Tode.

Waren die 80er vom dumpfen Gegröle der Skins dominiert, entwickelte sich in den 90er-Jahren eine zunehmend vielfältigere rechtsextreme Musikszene. In machistisch und martialisch geprägten Jugendkulturen wie der Heavy Metal-Szene (v. a. im „Black Metal“) gelang es starke rechtsextreme Flügel zu etablieren; eine Entwicklung die momentan in der Hip Hop-Kultur vor sich geht. Auch in kleineren musikalischen Nischen wie dem Industrial Rock, Dark Wave, Techno („White Techno“) und Hardcore („Hatecore“) entstanden rechte Subgenres. Sanftere Klänge schlagen „nationale Liedermacher“ wie Frank Rennicke, Annet Müller oder der Schärdinger „Bernhard“ an.

Auch inhaltlich hat man das über rassistisches Gegrunze hinaus erweitert. Geschichtsrevisionismus, die Verehrung der Wehrmacht und einzelner Größen des Nationalsozialismus, insbesondere Rudolf Hess gibt es zu hören, auch werden zunehmend antikapitalistische Positionen propagiert, die sich allerdings meist in antisemitischen Weltverschwörungstheorien erschöpfen. Szenetypisch ist eine nachgerade obsessive Beschäftigung mit dem Thema sexueller Kindesmissbrauch, das auch in der Propaganda rechter Parteien eine starke Rolle spielt. Kaum eine Rechtsrock-Band ist heute ohne Lied zu diesem Thema am Start.

In Österreich ist die Szene eher konsumorientiert, die einheimischen Bands erreichten bei weitem nicht die Professionalität der internationalen Rechtsrock-Helden und verschwinden meist schnell von der Bildfläche. Eine großen Popularität erfreuen sich die Österreich deutsche Acts wie Landser, Zillertaler Türkenjäger, Stahlgewitter, Sleipnir oder Dee Ex sowie die schwedischen Saga; die traditionellen Skinhead-Bands wie Skrewdriver haben an Bedeutung verloren.

Aus einer Reihe von Gründen ist Oberösterreich mehr als andere Bundesländer Zentrum unterschiedlicher rechtsextremer Jugend-Szenen. Das Innviertel, insbesondere der Bezirk Braunau, ist eine Hochburg der Skinheadszene. Im Mühlviertel versammeln sich viele Rechtsextreme unter dem Dach des „Ring Freiheitlicher Jugend“, aber auch in der Black Metal-Szene. Im Zentralraum sind unterschiedlichste Gruppen am Werk: Von rechten Hooligans bis zu organisierten Parteien wie der „Heimatpartei“ oder den „Bunten“. Überregionale Nazi-Skinheadgruppen firmieren als „Objekt 21“ oder „Road Crew Oberösterreich“. Faschistische Vereine türkischer MigrantInnen existieren in Linz, Wels, Traun und Braunau, diese veranstalten auch immer wieder Konzerte. Auch Islamisten und rechtsextreme Gruppen aus Ex-Jugoslawien (etwa der kroatische Fascho-Popstar „Thompson“) und Tschetschenien haben ihr Anhänger.

Von den Sicherheitsbehörden gibt es keine nennenswerten Aktivitäten im Kampf gegen Rechts; insbesondere beim Thema Jugendkulturen wirkt man bestenfalls überfordert. Umso wichtiger ist hier die Rolle der LehrerInnen und Eltern, ja der ganzen Zivilgesellschaft; wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, den braunen Unrat wieder auf die Müllhalde der Geschichte zu befördern.

 

Kampf der Kulturen in Oberösterreich: Von wahnsinnigen Welsern, Frei/Wild und Wagner

Linz: Richard Wagner, 1. Akt

„Die Aufführungen der Wagner Opern im Linzer Landestheater hatten Hitlers Liebe zum Germanenkult geweckt.“[1] Allein: Das Landestheater schien ihm doch dem Wagner`schen Pomp unangemessen. Also lies er ein Opernhaus für Linz planen. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Den Notwendigkeiten des Vernichtungskrieges zu Folge produzierte Linz Kanonen statt Kanons. Aber nun war es endlich soweit: Am 12. April eröffnete der Bunker an dem vom Hitler (oder gar der Vorsehung?) auserkorenen Ort in der Blumau seine Pforten. Nur die FPÖ war, wohl in Unkenntnis des Führerwunsches, quasi irrtümlich statt deutschtümlich, dagegen. Begonnen wird, unschwer zu erraten, mit Wagner, dem „Wegbereiter des Neuen“ (Musiktheater-Eröffnungsbroschüre) oder auch der „größte(n) Prophetengestalt, die das deutsche Volk besessen“ (Hitler).

Wels: Frei/Wild vs. freie Szene

Ja, die freie Szene. Ihr geht es wie Hans im Glück. Da hat man Subversion ohnehin schon für Subvention schlecht getauscht, und jetzt wird einem die auch noch gekürzt. Aber dazu später. Agiert diese Szene also leider weder frei noch wild, beansprucht dies zu sein nun eine Truppe rechts-konservativer Südtiroler namentlich für sich: Frei.Wild. Die wollten in Wels spielen und haben auch gleich fleißig angefangen, Tickets zu verkaufen, allerdings, wenig bauernschlau, die Rechnung ohne den Wirt und vor allem ohne Vertrag gemacht. Letzterer kam auch in Folge nicht zustande, da der Wirt – Vizebürgermeister Hermann Wimmer – keinen wollte. Das wiederum führte zu allgemeinen Wut- und Trauerbekundungen von Frei.Wild-Fans, insbesondere natürlich deren Welser Fraktion, die größtenteils aus Freiheitlichen und/oder Neonazis zu bestehen scheint. Ober-Jammerlappen war wieder mal Ludwig Reinthaler: „in dieser Stadt wird alles verboten was nicht linksextrem ist!“ analysierte er, und zwar von „Wahnsinnigen Welser linksextremen ausländer-Politiker ( Koits und Konsorten )“. Rechtschreibschwächen im Original.

Wels: Richard Wagner, 2. Akt

Und dann war da natürlich noch mal Wagner! Der hat nicht nur bei Hitler gewisse Lieben mit bekannten Folgen erweckt, ihm gehört auch die Zuneigung des stramm deutschnationalen Teils des Welser Bürgertums. Darum gibts jedes Jahr ein Wagner-Festival in Wels. Das Publikum ist besonders kaufkräftig, und das freut die Unternehmer und ihre Parteien. So kaufkräftig aber dann doch wieder nicht, dass man nicht noch massiv Steuergelder zuschießen müsste: 80 000 Euro jährlich, also fast der Hälfte der im Kulturbudget vorgesehenen Ermessenausgaben, so beschlossenen von VP und FP. Einen Umstand den zu kritisieren u. a. auch ein Mitarbeiter des Kulturzentrums „Alter Schlachthof“ wagte. Dem die oben angeführten Parteien daraufhin die Subvention strich. Die Welser Haselnuss-Koalition ist offenbar der Meinung dass andere Meinungen nicht zulässig sind.

Nicht nur ein Skin(n)viertel

(Artikel ist von 2009)

Nazi-Läden, Fascho-Skinhead-Banden und ab und zu mal ein Toter: Das Innviertel ist eine Hochburg militanter Rechtsextremer Im Westen nichts Neues: »Der Hauptaktionsraum von rechtsextremen Skinheads in Oberösterreich war unverändert das Innviertel.« vermerkt der Verfassungsschutzbericht 2008 beinahe schon resignierend. Die in Deutschland verbotene Nazibande »Blood and Honour« ist hier ebenso heimisch wie zwei weitere größere Skinhead-Gruppierungen oder die sich etwas biederer gebende »Nationale Volkspartei«.

Die letzte – nicht untersagte – Neonazidemonstration fand hier statt (durch den »Bund freier Jugend/BfJ«, Ried 2006) und die einzigen drei Nazi-Ramschläden Österreichs befanden bzw. befinden sich ebenfalls allesamt dort: »Walhalla« in Ried (geschlossen), der »Militaria«-Laden in Obernberg (detto dicht), wo selbst illegale Waffen frei verkäuflich waren sowie seit 15. Dezember ’08 der »Thor Steinar«- Laden in Braunau. Inhaber des »Thorshops« ist ein gewisser Thoralf Meinl, Geschäftsmann aus der ehemaligen DDR. Er ist im »Stormfront«-Forum aktiv, dem ältesten Neonazi-Forum, das in den USA von Kukluxklan-Aktivisten betrieben wird: Dort grüsst er auch gern mal mit »SH!«, was vermutlich für »Schi Heil« steht.

»Hochwertige Kleidung« aus Braunau

In diesem werde aber eh »lediglich hochwertige Kleidung verkauft«, so ein nicht namentlich genannter Beamter der Polizeiinspektion Braunau2, der mit diesem Zitat ein Grundproblem der Region offenbart: eine bestenfalls unwissende, schlimmstenfalls mit der rechten Szene sympathisierende Polizei. Nahezu beispielgebend hierfür ist der Rieder Bezirkspolizeikommandant August Weidenholzer, der in den letzten Jahren nahezu jeder Provokation der rechten Szene tatenlos zusah, bzw. zusehen ließ.

So etwa im Juni 2006, wo eine Horde Neonazis des BfJ in Ried feierte. Zwar war die Polizei im Vorhinein informiert, und die Bezirkshauptmannschaft wies Weidenholzer an, 25 Beamte in Bereitschaft zu halten – allein, dieser ließ nicht einschreiten, selbst als der grölende Nazi-Mob von ca. 30 – 35 Personen gegen Mitternacht zum Haus des Bürgermeisters zog, dort klingelte und Lieder zum Schlechtesten gab.

»Es wurden weder rechte politische Parolen gerufen, noch wurden Lieder gesungen.«3, behauptete hingegen Weidenholzer und sah ebensowenig Grund einzuschreiten wie im Dezember desselben ‚ Jahres bei einem Neonazi-Konzert in Antiesenhofen, Bezirk Ried. Parolen wie »Blut muss fließen knüppeldick, wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik«, »In Auschwitz weiß ein jedes Kind, dass Juden nur zum Heizen sind« sowie Lobrufe auf Adolf Hitler, die bei dieser Veranstaltung wiedergegeben wurden, waren für die anwesenden Beamten offenbar nicht schlimm genug; zudem war man damit beschäftigt, mit den überwiegend deutschen Neonazis für Erinnerungsfotos zu posieren, wie ein der ORF-Sendung »Report« zugespieltes Videoband beweist.4

Durchaus einsatzfreudig erweist sich die Rieder Polizei hingegen, wenn es gegen Linke geht. Als ein Grüppchen Rechtsextremer des BfJ im Mai 2006 trotz Demonstrationsverbotes aufmarschierte, schritten die Beamten auf Geheiß des August Weidenholzer beherzt ein – und nahmen zwei gegen die illegale Nazi-Demo protestierende Antifas fest.

Blau-braune Eintracht

Es ist aber jetzt nicht so, dass Herrn Weidenholzer politisches Engagement grundsätzlich zuwider wäre, vielmehr ist er selbst auch tätig, als Ersatz-Gemeinderat ist bei der Schärdinger FPÖ. Sein dortiger Chef ist Lutz Weinzinger, Schärdinger Bezirksparteiobmann und Landesvorsitzender der Freiheitlichen.

Berührungsängste zum rechten Rand hat dieser ebenso wenig. Vielmehr ist Weinzinger, der angibt, durch seine »burschenschaftliche Erziehung« zur Politik gekommen zu sein, als Autor in der rechtsextremen »Aula« wohl sogar ein Teil davon. Auch mit der Anwesenheit prominenter Rechtsradikaler bei FP-Veranstaltungen hat Weinzinger kein Problem. So nahm im August 2006 u. a. der wegen NS-Wiederbetätigung verurteilte Gottfried Küssel an einer Gedenkveranstaltung teil. Organisator der Feier: Lutz Weinzinger.5 Inwieweit die Gedankenwelt eines Weinzingers oder der FPÖ ihren Niederschlag in der Amtsauffassung eines August Weidenholzer finden könnten, überlassen wir den geneigten Leserinnen zu beurteilen.

Ein Hoch auf unsre liebe Polizei

Die Neonazis selbst äußern sich in diversen Internet-Foren jedenfalls voll des Lobes über die Innviertler Ordnungshüterinnen, so z.B. auch bereits im Juli 2003 anlässlich eines illegalen Neonazi-Konzerts in Geinberg. Da wusste die Polizei zwar davon, glänzte aber wie üblich mit vornehmer Zurückhaltung, ein Teilnehmer freute sich über die problemlose Anreise: »Es war nur eine Polizeikontrolle, und die haben auch nur nach Waffen gesucht CDs mit evtl. nicht kosheren Texten und Covers haben sie gar nicht interessiert. Ich muss auch sagen das die Polizeibeamtin die mein Auto durchwühlt hat sehr sehr nett war, und das was sie ausgeräumt hat auch brav wieder eingeräumt hat.«6

(Rechtschreibung im Original – ob ihm die liebe Beamtin zum Abschluss noch die Windschutzscheibe geputzt hat, ist nicht bekannt). Selbst der BfJ gerät bei den Uniformierten aus Ried ins Schwärmen, so anlässlich einer rechtsextremen Demonstration dort im Jahr 2006: »Zwischendurch muss angemerkt werden, dass die Polizisten immer wieder durchblicken ließen, dass auch sie für den nationalen Protestmarsch Verständnis hatten und die hochdisziplinierten jungen Demonstranten eindrucksvoll fanden.«, heißt es da, und auch bei der Abschlusskundgebung wurde das »erfreuliche Verhalten der Polizei« erwähnt.7,

Traditionen

Die Strukturen der extremen Rechten haben im Innviertel eine lange Tradition. Schon in den 30ern war das Innviertel ein reges Betätigungsfeld von aus dem »Altreich« einsickernden Nationalsozialisten. 1935 stieg ein Rieder zum Führer der SS in Österreich auf: Ernst Kaltenbrunner, Burschenschafter der Arminia Graz. Nach dem Ende des »tausendjährigen Reiches« zogen weitere Nazis an den Inn, aus Deutschland ebenso wie aus dem Mühlviertel) als dieses ab August ’45 von den Sowjets übernommen wurde – viele Tausende, darunter wohl nicht wenige Nazis flohen in diesen Tagen über die Donau in die amerikanisch verwalteten Teile Oberösterreichs.

Dazu kam ein sehr hoher Anteil an »Volksdeutschen« Flüchtlingen8, die man zwar keineswegs pauschal als rechts verorten kann, deren Verbände aber sicher ihren Beitrag zu völkischen Stimmungen leisteten und leisten. Der rechte Aderlass aus Angst vor den »Russen« sorgte im Mühlviertel dafür, dass sich dort bis weit in die 80er Jahre kaum Parteistrukturen der FPÖ bildeten. Das Innviertel hingegen wurde zu einer Hochburg derselbigen, flankiert und unter Kontrolle von deutschnationalen Burschenschaften wie der Rieder »Germania« oder der Schärdinger »Scardonia«, die 1964 von Lutz Weinzinger hochderoselbst gegründet worden war.

Ein Österreicher zuviel

»Wir hatten schon mal einen Österreicher zuviel«9, so begründete der niedersächsische Innenminister 1991 die Ausweisung eines gewissen Karl Polacek aus Deutschland. Der Wiener Polacek war Landesvorsitzender der neonazistischen »Freiheitlichen Arbeiter Partei« (FAP), die bald darauf verboten wurde. Er war einer der aktivsten und militantesten Neonazis jener Zeit und wurde unter anderem verurteilt, weil er mit einer Axt (!) auf eine Antifaschistin eingeschlagen hatte. In seinem deutschen Umfeld kam es regelmäßig zu Gewalttaten bis hin zum Mord.

Zwei Mitglieder seiner Bande erstachen 1991 einen Bundeswehrsoldaten10. Nach seiner Ausweisung aus dem »Altreich« fand er Unterschlupf beim Altnazi Fritz Rebhandl in Salzburg, von wo er begann, die Innviertler Nazi-Skinheadszene zu organisieren und bald an die 50 junge »Kameraden« um sich scharte.11 Aktiv war Polacek vor allem in der Braunauer Gegend, die Zeitung der Gruppe nannte sich dementsprechend »Braunauer Ausguck«, in ihr wurde unverhüllt ein militanter Neonazismus gepredigt. Jahrelang konnte Polacek in diesem Sinne ungestört agieren und organisieren.

Trotz einer Reihe von Anzeigen gab es jahrelang keine Verfahren gegen ihn. Zuständiger Staatsanwalt in Ried: Heinrich Steinsky, schlagender Burschenschafter der »Suevia«. Dieser war bereits Jahre zuvor in Salzburg wegen Amtsmissbrauch angezeigt worden, weil er trotz zahlreicher Anzeigen keine Anklage gegen den Nazi Fritz Rebhandl erhob. Unmittelbar nach Steinskys Wechsel nach Ried wurde Rebhandel angeklagt und verurteilt.

Mittlerweise mehrmals eingeknastet, lebt Polacek heute in Griechenland. Seinen Idealen ist er treu geblieben, nur hat der mittlerweile 75-jährige die Axt endgültig gegen den Stift getauscht: zuletzt schrieb er einen Beitrag für das Buch »Als wir .befreit‘ wurden«. Herausgeber: Andreas Mölzer12. Einer der Unterstützer Mölzers und in dessen Personenkomitee bei der EU-Wahl 2004 ist auch ein gewisser Staatsanwalt Heinrich Steinsky, nur so nebenbei erwähnt.

Ab und zu überlebt’s einer nicht

Aus dem Umfeld von Polacek stammten auch die Mörder von Raimund F., der ’95 unter nie wirklich geklärten Umständen in Ried erschossen wurde (Staatsanwalt im Prozess: Heinrich Steinsky). 2002 war es der 18-jährige SV Ried-Fan Dominic, der die braune Aggression nicht überstand. Er wurde 2 Tage vor Weihnachten von Rechtsextremen zusammengeschlagen und verstarb an den Folgen. Im November wurde im bayrischen Simbach, vis-a-vis von Braunau, ein Obdachloser von Dorfjugendlichen zu Tode geprügelt. Politische Motive werden Stets ausgeklammert oder gar vertuscht. Das Problem der militanten Rechtsextremisten wird im öffentlichen Diskurs, bei weitem nicht nur im Innviertel, gern zu einem allgemeinen Problem mit »gewalttätigen Jugendlichen« umgelogen, denen man wiederum nur mit »rechten« Methoden (härtere Strafen etc.) beikommen könne.

Mit bunter Kultur gegen die braune Unkultur

So alt wie der Nazismus ist auch der Widerstand dagegen, der auch hier auf vielfältige Art und Weise daherkommt. Der kulturelle ist ein wichtiger Teil davon. Jahrelang war etwa der »Kulturpolitische Aschermittwoch« ein wichtiger Gegenpol zum »Politischen« der FPÖ.

Die Lage ist jedoch keine leichte nicht. Während Rechte und Rechtsextreme den öffentlichen Raum auf Massenevents wie der Rieder Messe beinahe dominieren, bleiben die Kulturbegeisterten meist unter ihresgleichen. »Es treffen sich mehr oder weniger die allseits Bekannten. Umgekehrt ist Zulauf garantiert, wenn das Niveau tief und der Spaßfaktor extrem hoch ist. Mir scheint, dass wir immer mehr in Parallelwelten leben« meint Heinz Wieser von »Kunst und Kultur Raab«13. Und er nennt auch ein leidiges Problem der Provinz, den Braindrain: »Meine Kinder und die vieler Bekannter hier im Ort, die sind weg, zum Studium oder für einen Job in die Städte«.

Durchaus bemerkenswert werkt in St. Pantaleon der Verein »meta.morfx« mit einem bunten Programm zwischen Electro, Rock und Ska. Die rund 50 Mitglieder haben in unzähligen Arbeitsstunden ein ehemaliges Fabriksgebäude für sich adaptiert und werken mit wenig Subvention und sehr viel Engagement. Die etwa 350 Besucherinnen pro Veranstaltung zeigen, dass es durchaus möglich ist, auch mit einem über Bierzelt-Niveau angesiedelten Programm massentauglich zu sein und so den braunen Rattenfängern vielleicht ein Stückchen Boden zu entziehen.

Thomas Rammerstorfer

1 Thor Steinar. »Kult«-Bekleidungsmarke der Neonazi-Szene
2 zit. nach »Braunauer Bezirksrundschau« 8. 1. 2009
3 zit. nach OÖN( 16. 6. 2006, siehe auch www.wno. org/newpages/chr08c.html
http://ooe.orf.at/stories/166836
www.hrb.at/bzt/doc/zgt/bl5/presse/ 20060921oesterreich.htm
www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/ chronik/2003_07/konzertl.html
www.widerstand.info/293/erfolgreiche-demonstration-in-ried-im-innkreis/
8 Grabmer, Volkmer, Die Volksdeutschen in Oberösterreich, Grünbach 2003, S. 88
9 zit. nach DIE ZEIT, 18. 10. 1991
10 www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/ chronik/2008_07/polacek.html
11 Purtscheller, Wolfgang, Aufbruch der Völkischen, Wien 1993, S. 396
12 www.andreas-moelzer.at/index.php?id=334
13 www.servus.at/kkraab

Thomas Rammerstorfer,  ist aktiv beim Infoladen Wels und der »Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit (www.leeza.at).

Quelle: KUPF-Zeitung, Nummer 129, März 2009, www.kulturplattform.at

Kreide gefressen: Die faschistischen „Grauen Wölfe“ buhlen um Sympathien in Österreich

aus „Planet Burgenland“, August 2011

Der Einfluss türkischer RechtsextremistInnen wird zunehmend spürbar – auch in der österreichischen Kommunalpolitik.

Zwei Schauplätze: Sinnigerweise am 1. April 2011 luden die christlichen Pfarren in Wels, Oberösterreich, zu einer Integrationsveranstaltung unter dem Motto „Die Zeit des Nebeneinanders ist vorbei“. Von der türkischer Seite sind nur die konservativen Moscheevereine und die faschistischen „Grauen Wölfe“ eingeladen, die liberalen AlewitInnen und andere religiöse Minderheiten fehlten. Die „Grauen Wölfe“ schickten ein eloquente, unverschleierte junge Dame, die den anwesenden christlichen und politischen Größen in bestem Deutsch Honig ums Maul strich. Die Veranstaltung endete in allgemeiner Harmonie.

Auch in der türkischen Stadt Malatya ist „die Zeit des Nebeneinanders vorbei“. Hier schickten die „Grauen Wölfe“ allerdings kein junges Mädchen in den dortigen Bibelverlag, sondern eine Gruppe ihrer Militanten, die dort zwei einheimische und einen deutschen Christen abschlachteten. Die Umstände sind noch nicht restlos geklärt – bisher wurden 20 Verdächtige, „Graue Wölfe“, aber auch Armeeangehörige – festgenommen.[1]

Mit Massakern aller Art konnten die „Grauen Wölfe“, wie sich die AnhängerInnen der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP), nennen, in den vergangenen 40 Jahren reichhaltige Erfahrung sammeln. Allein Ende der 70er wurden bei einer wahren Terrorwelle an die 5000 Morde verübt: an SozialistInnen und anderen Linken, JüdInnen, GewerkschafterInnen, FraunrechtlerInnen und verschiedenen Minderheiten, an KurdInnen und den meist sehr liberal eingestellten AlewitInnen. ChristInnen geraten auch immer wieder in die Schussbahn –  so auch Papst Johannes Paul der Zweite, der 1981 bei einem Attentat von drei Kugeln getroffen wurde. Der Täter, Ali Agca, war MHP-Aktivist und hatte bereits zuvor Abdi Ipekci, einen angesehenen Intellektuellen jüdischer Abstammung, ermordet. „Zunehmend wird die christliche Welt als Kollaborateur des grausamen Judentums dargestellt“ attestierte der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfahlen 2009 über die jüngere ideologische Entwicklung der MHP.

Die österreichische AnhängerInnenschaft der „Grauen Wölfe“ konnte in den letzten Jahren ihren Einfluss zunehmend ausbauen. Das liegt zum einen am verstärkten Zulauf durch Jugendliche mit türkischem Migrationhintergrund, die sich angesichts des ihnen entgegenschlagenden Alltagsrassismus mehr und mehr in die eigene community zurückziehen. Zum anderen werden die Ultra-Nationalisten von der österreichischen Politik sogar gefördert. Dies geschieht zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aber durchaus aus Kalkül: In Linz etwa wurde den Faschisten 2009 sogar das Rathaus für eine Propaganda-Veranstaltung[2] überlassen. Bereits am 1. Mai 2007 marschierten SPÖ und FaschistInnen gemeinsam – allerdings mussten letztere die Party etwas früher verlassen, um den Maiaufmarsch der türkischen und kurdischen Linken anzugreifen – ein 14-jähriges Mädchen wurde durch einen Steinwurf schwer verletzt. Priorität hat für die „Grauen Wölfe“ momentan aber nicht der Kampf auf der Strasse, sondern in den Integrationszentren- und beiräten, in den Bezirks- und Landesschulräten. Hier gilt es sich Geld, Einfluss und das Wohlwollen österreichischer Notabeln zu sichern, und gleichzeitig die Positionen der liberalen, säkularen und linken TürkInnen und KurdInnen zurückzudrängen.

Mit realen „Integrationsbemühungen“ hat das Engagement der „Grauen Wölfe“ und andere nationalistischer Vereine freilich wenig zu tun, im Gegenteil, wie auch der Verfassungsschutz Baden-Würtemberg attestiert:

„Es liegt auf der Hand, dass durch die Zugehörigkeit zu einem Verein dieser Ausrichtung eine Integration in die deutsche Gesellschaft gleichsam unmöglich erscheint, richten sich doch die Ziele der ‚Idealisten‘ nicht nur gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, sondern sind gleichzeitig auch als antidemokratisch, antiliberal und antipluralistisch zu werten.“

In österreichischen Verfassungsschutzberichte finden die türkischen Faschisten keine Erwähnung, offenbar ist man zu sehr mit der Überwachung von Tierschützern beschäftigt., um sich auch noch dieses Problems anzunehmen. Es gibt aber ein anderes Papier aus dem Innenministerium wo sie auftauchen: Im Suchmittelkriminalität-Jahresbericht 2009 als „politisch motivierte Tätergruppe“ im „Heroingroßhandel“[3].

Thomas Rammerstorfer


[1] http://www.esiweb.org/pdf/esi_document_id_127.pdf

[2] http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabId=4975&alias=wzo&cob=419591

[3] http://www.praevention.at/upload/documentbox/Bericht2009.pdf

Interview zu Antisemitismus bei muslimischen Jugendlichen

Anmerkung: Sorry, ich habs schlicht und ergreifend vergessen wer das Interview mit mir gemacht hat. Wenns wer weiß bitte melden;)

Wie weit verbreitet ist der Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen in Österreich?

Die Ablehnung Israels ist eines der wenigen Themen, mit denen man in der Türkei Konsens erzielen kann. Ob TürkInnen oder KurdInnen, Rechte oder Linke, Säkulare oder streng Gläubige: Man hat ja nur Israel, das am ehesten als gemeinsames Feindbild taugt.

Bleibt das gleich oder ist die Tendenz steigend?

Empirisch belegbar ist das nicht. Meine Meinung: Antisemitismus als Krisenerklärungsmuster – als „Antikapitalismus für Dumme“ – wird sicherlich tendenziell gestiegen sein. Allerdings auch bei nicht-muslimischen Menschen. Dafür ist der Nahostkonflikt etwas in den Hintergrund geraten.

Welchen „Migrationshintergrund“ haben die Jugendlichen?

Ich beschäftige mich mit Jugendlichen türkischer bzw. kurdischer Herkunft. Ich weiß aber z. B. vn einem befreundeten Streetworker, der mit albanischen Kids arbeitet, dass da die Verbreitung antisemitischer Vorurteile und Hirngespinste auch stark ist.

Sind es Buben wie Mädchen gleichermaßen?

Dazu kann ich keine Angaben machen. Im Vordergrund stehen natürlich bei politischen Äußerungen mehr Buben.

Woher kommen die Ressentiments?

Internet, vor allem Bildchen und Videos, die via web2-Produkten verbreitet werden, aber auch ganze Kinofilme. Die Grauen Wölfe hatten im Frühjahr 2013 etwa für Vorstellungen ihres Propaganda-Filmes „Ülkücüler“ Kinosäle in ganz Österreich angemietet. Natürlich gibt es auch die organisierte Vereinslandschaft, wobei ich nicht beurteilen kann inwieweit hier organisiert Antisemitismus verbreitet wird. 

Welche Rolle spielen diverse Vereine (Milli Görüs), die Grauen Wölfe oder Moscheen?

Welche Rolle spielt das Internet – Soziale Medien und diverse Foren?

Ich beobachte die web2-Seiten, vor allem auf facebook, der Grauen Wölfe wie der Milli Görüs. Da lässt sich feststellen, bei den Wölfen überwiegt die Propaganda gegen KurdInnen und ArmenierInnen, bei den Milli Görüs gegen Israel bzw. die Jüdinnen und Juden.

Auf den in etwa 10 oberösterreichischen facebook-Gruppen von MG wird häufig offen die Hamas glorifiziert; Propagandabildchen und Videos, die den bewaffneten Kampf gegen Israel und die USA verherrlichen, sind leider Alltag. Auch tschetschenische Islamisten wie Bassajew, der für viele Massaker an insgesamt tausenden ZivilistInnen verantwortlich war, werden offen als Helden genannt.

Was wissen die Jugendlichen über die jüdische Religion und über den Holocaust?

Das Thema spielt keine große Rolle, glaube ich. Man wird in der Schule damit konfontiert, ich glaube aber da steht mehr so eine „Was geht uns das an“-Haltung im Vordergrund. Generell ist das Interesse an österreichischer Geschichte und Politik ja nicht sehr ausgeprägt; es interessiert ja nicht mal die „österreichischen“ Jugendlichen sonderlich.

Wie gefährlich ist dieser Antisemitismus? Gewaltbereitschaft?

Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, wie kann man hier aufklären?

Eine erste Maßnahme ist einfach: Hören wir mal auf, Gruppen wie MG oder die GW zu unterstützen. Offen rechtsextreme, antidemokratische Gruppen – nicht nur die GW oder MG, auf deutsch/österreich-nationalistischer Seite  etwa der RFJ – werden mit Steuergeldern gefördert. Das ist Irrwitz. Allein in Linz wurden die GW von 2008 bis 2011 mit 7700 Euro gefördert und dazu noch logistisch unterstützt: Etwa haben sie 2009 ein Konzert im Rathaus veranstaltet.

Natürlich wären auch Bildungsmaßnahmen in den Schulen wichtig, um auch Menschen mit Migrationshintergrund seriös über Geschichte und Politik ihrer Herkunftsländer zu informieren. Und natürlich ist es oft die rassistische Ausgrenzung durch die „Einheimischen“, die die Kids in die Arme rechter Gruppen treibt. Wenn dir die einen vermitteln, dass du Abschaum bist, und die anderen, du seihst der Mittelpunkt des Universums und Angehöriger einer überlegenen Rasse/Religion, mit wem wirst du wohl abhängen?

Besonders wichtig fände ich es, den muslimisch-jüdischen Dialog zu fördern, www.mjconference.de leistet hier schon Pionierarbeit.

Besonders interessant finde ich noch, dass viele junge Muslime scheinbar überzeugt sind, Hitler wäre ein Moslem gewesen („Das Biber“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe) – dies würde auch im Netz diskutiert werden. Haben Sie hier Erfahrungen?

Nein. Mir hat nur mal eine Muslima – eine österreichische Konvertitin übrigens – gesagt, Hitler sei Jude gewesen…