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Herbert Huss: Der Kraftwerkswiderstand in Stadl-Paura und seine Folgen


Die ganze Traun eine geschlossene Kraftwerkskette im Schwellbetrieb? Was heutzutage unvorstellbar ist, war vor 34 Jahren konkreter Plan der OKA, der von der lokalen Politik auf Zustimmung stieß. Zentrales Element dieser Kraftwerkskette sollte das Kraftwerk Edt sein, dessen 20m hohe Staumauer die Traun bis ins Ortsgebiet von Stadl-Paura eingestaut hätte. Besonders gravierend wäre aber die Errichtung eines riesingen Speichersees in Stadl-Ufer gewesen, der mit täglichen Wasserspiegelschwankungen von 2 m zusätzliches Schwellvolumen in den Schwellrhythmus der Traun hätte bringen sollen.
Der Umstand, dass dieses Projekt von den betroffenen Gemeinden Stadl-Paura, Lambach, Edt und Fischlham weitgehend akzeptiert wurde, führte in Stadl-Paura zur Gründung der „Bürgerinitiative Traun“, der es gelang medial Stimmung gegen dieses völlig überdimensionierte Kraftwerk zu machen und damit nicht unwesentlich dazu betrug, dass dieses Projekt fallengelassen wurde.

1988 wurde vom damaligen Landeshauptmann der Auftrag zu einer Umplanung in die beiden Kraftwerke Lambach und Saag erteilt.

Für Stadl-Paura war damit zwar Stadl-Ufer gerettet, ein wesentliches Problem blieb jedoch, nämlich die problematische Gewässergüte der Traun. Jahrelang waren die Abwässer der Papierindustrie weitgehend ungeklärt in die Traun gelangt und es bestanden berechtigte Zweifel, ob die für einen Aufstau notwendige Gewässergute II zu erreichen ist.
Mahnendes Beispiel war das Kraftwerk Marchtrenk, in welches Sauerstoff hineingequirlt werden musste, um die Geruchsprobleme in den Griff zu bekommen. Außerdem war die Traun noch immer stark mit Zink belastet und der Welser Amtsarzt warnte wegen zu hoher Keim-Fracht vor einem Bad in der Traun. Deshalb formierte sich auch ein Widerstand gegen dieses Projekt und es kam zu einem Gemeinderatsbeschluss mit der Forderung nach Gewässergüte II im Stau.

Weiters wurden drei Umweltverträglichkeitsgutachten, Energiesparmaßnahmen und schließlich der Erhalt der freien Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura gefordert. Da diese Bedingungen nicht erfüllt wurden, trat die Gemeinde Stadl-Paura gegen den Kraftwerksbau auf.

Das zentrale Anliegen der „Bürgerinitiative Traun“ war der Schutz der noch verbleibenden freien Fließstrecke zwischen Kemating und Wels. In Oberösterreich waren Donau, Inn, Enns und Untere Traun unterhalb von Wels bereits in geschlossenen Kraftwerksketten ausgebaut und 92% des Wasserkraftpotentials genutzt. Die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura unnd Wels war die letzte bedeutende Auenfließstrecke Oberösterreichs, die sich überdies durch eine besonders hohe ökologische Wertigkeit auszeichnete. Die Bürgerinitiative fand im WWF, dem Naturschutzbund, der Österreichischen Gesellschaft für Vogelkunde, dem Alpenverein aber auch dem Arbeitskreis Ökologie der Diözese Linz rasch Verbündete im Kampf gegen diese Kraftwerke. 1993 wurde das Kraftwerk Saag zurückgezogen, sodass nur mehr das Kraftwerk Lambach zur Diskussion stand.

Die wesentlichen Naturschutzargumente galten jedoch auch für diesen Flussabschnitt. Ein Bau kam deshalb für die oberösterreichische Naturschutzbehörde und die zuständige Naturschutzlandesrätin nicht in Frage. Außerdem stand der Bau in Widerspruch zu EU-Recht, da die Fließstrecken zwischen Gmunden und Wels als „international schützenswert“ anerkannt waren. Dennoch wurde der Bau in der Landesregierung durchgedrückt, indem der zuständigen Naturschutz-Landesrätin kurzerhand die Kompetenz entzogen wurde.

Diese willkürliche Ausschaltung des Naturschutzes war für die „Bürgerinitiative Traun“ ein Grund, um sich, unterstützt von GLOBAL 2000, bei Baubeginn am 9. Jänner 1996 den Baggern entgegenzustellen. Was folgte, war die längste Au-Besetzung in der Geschichte der österreichischen Umweltbewegung. Sie endete erst am 11. April 1996, als der Verwaltungsgerichtshof einen Baustopp verordnete. Im November 1997 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen und drei Jahre später wurde das Kraftwerk seiner Bestimmung übergeben.

Folgen des Widerstands
Da vor Ort erbitterter und von der Kronenzeitung massiv unterstützter Widerstand geleistet wurde und sich auch der Bundespräsident und Bundeskanzler in den Konflikt eingeschaltet hatten, sahen sich der damalige Landeshauptmann und die OKA zu Zugeständnissen genötigt.

• Das Kraftwerk wurde fast gänzlich umgeplant. Der links vom Kraftwerk gelegene Fischaufstieg wurde neu gestaltet. Neu dazugekommen sind der rechts gelegene Fischaufstieg, jener beim Stadler Wehr sowie die Biotope an der Ager. Auch die landschaftlich ansprechende Gestaltung der Ager-Mündung, der Badeinsel und sämtlicher Uferbereiche sind auf diese Umplanung zurückzuführen.
• Ein rechtlich verbindlicher Schutz der Fließstrecke zwischen Kemating und Stadl-Paura wurde zwar immer wieder versprochen, aber nie durchgesetzt. Erst als die Bürgerinitiative Traun beim geplanten Neubau des KW Stadl-Paura wegen der nicht eingehaltenen Zusagen mit erneuten Protesten drohte, wurde dieses Thema erst genommen und vom damaligen Wasser-Landesrat auch durch eine entsprechende Änderung der „Traun-Verordnung“ am 30. März 2009 umgesetzt.
• In Stadl-Paura wurden drei Grundwasserpumpstationen errichtet, die verhindern, dass es durch den Aufstau zu Schäden bei Gebäuden kommt.
• Für die Fließstrecke zwischen Stadl-Paura und Wels wurde ein rechtlich verbindlicher Schutz erreicht, was den Weg für das Rückbauprojekt in der Fischlhamer Au frei machte.
• Zwischen Stadl-Paura und Gmunden wurde 2011 ein Vogelschutzgebiet errichtet, nachdem sich die OÖ Landesregierung in einem bei der EU-Kommission wegen des Kraftwerkbaus durchgeführten Verfahren dazu verpflichtet hatte.

Buchtipp:
Kampf um die Traun

Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau des Traun-Kraftwerks Lambach. StadlingerInnen und UmweltaktivistInnen besetzten die Au in Stadl-Paura. Eine nicht vorhersehbare Protestbewegung enstand, die zur längsten Besetzungsaktion in der Geschichte der österreichischen Umweltbewegung wurde.
Das Buch erzählt ein bemerkenswertes Stück Zeitgeschichte anhand ökologischer, politischer, sozialer und ökonomischer Aspekte. Es kommen AktivistInnen, ZeitzeugInnen und PolitikerInnen zu Wort, KraftwerksgegnerInnen ebenso wie -befürworterInnen. Wetzlmaier und Rammerstorfer zeichnen damit ein vielstimmiges Bild der Affäre, die Oberösterreich spaltete wie kaum ein anderes Ereignis der Nachkriegszeit.

Rammerstorfer Thomas, Wetzlmaier Marina: Kampf um die Traun. Verlag Bibliothek der Provinz

(Herbert Huss, Biologe und Sprecher der Bürgerinitiative Traun, Rezension in der Stadlinger Post. Gemeindezeitung von Stadl-Paura, Ausg. 1/21, Jänner – März 2021, S. 24 f.)

16. 6. 2021 Lesung „Die Ehemaligen“ Thomas Rammerstorfer im Gespräch mit Margit Reiter über ihr Buch zur Geschichte der FPÖ

16. Juni 2021, 19 Uhr, Zentrum im Werd, 1020 Wien, Im Werd 6

1945 mussten sich die Träger des NS-Regimes neu positionieren, wobei sie die Wahl hatten zwischen Beibehaltung ihrer ideologischen Überzeugungen einerseits und politischer Umorientierung andererseits.
Welche Wahl haben nun die ehemaligen Nationalsozialist*innen getroffen?


Bitte unbedingt um Anmeldung per Mail bis zum 15.6.2021/19h: ruth.schwarz@chello.at

„Die Ehemaligen“

Jetzt im Buchhandel: Kampf um die Traun

Im Jänner 1996 begannen die Rodungen für den Bau eines Wasserkraftwerkes an der Traun zwischen Lambach und Stadl-Paura. Eine bemerkenswerte Protestbewegung wurde aktiv. AnrainerInnen und UmweltschützerInnen mit Unterstützung aus ganz Österreich besetzten den Wald und lieferten Polizei, Bauarbeitern und Kraftwerksbefürwortern ein dreimonatiges Katz-und-Maus-Spiel: die längste Besetzung dieser Art in der österreichischen Geschichte. Im Mikrokosmos der beiden Kleinstädte spitzte sich die Lage zu. Die Auseinandersetzung wurde nicht nur um Bäume geführt, es war ein Kampf um die Meinung im Lande.
Das Buch erzählt ein bemerkenswertes Stück Zeitgeschichte anhand ökologischer, politischer und ökonomischer Aspekte. Es kommen AktivistInnen, ZeitzeugInnen und PolitikerInnen zu Wort, KraftwerksgegnerInnen ebenso wie -befürworterInnen. Wetzlmaier und Rammerstorfer zeichnen damit ein vielstimmiges Bild einer Affäre, die Oberösterreich spaltete wie kaum ein anderes Ereignis der Nachkriegszeit.

Die Referentin: http://diereferentin.servus.at/es-war-ein-oeko-krieg/  

OÖN: https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/wels/der-kampf-um-die-traunau-ist-wie-ein-lehrstueck-einer-radikalisierung;art67,3335837  

Tips: https://www.tips.at/nachrichten/wels/land-leute/525355-neues-buch-rollt-lambacher-kraftwerks-konflikt-auf  

DORF TV: https://www.freie-radios.online/sendung/aktivismus-gegen-bauprojekte-historisches-beispiel-besetzung-der-lambacher-au

Neues Buch: Die Macht des Diyanet. Das türkische Präsidium für Religionsangelegenheiten

Unser Buch über das türkische Präsidium für religiöse Angelegenheiten und seinen Einfluss auf die Türkei-stämmigen MigrantInnen v. a. in Deutschland und Österreich ist erschienen. Erhältlich im Buchhandel 🙂

4. Juni 2019: „Linke Politik unter rechtem Kurs: Das Beispiel Österreich“ in Leipzig

Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
4. Juni 2019, Einlass ab 19 Uhr

Rechts-nationalistische Einstellungen haben in ganz Europa an Boden gewonnen. In Deutschland ist dieser Trend spätestens mit dem Einzug der AfD in den Bundestag sichtbar geworden. Speziell im Osten konnte die Partei viele Stimmen für sich verbuchen. Mit dem Vormarsch der Rechtspopulisten schlugen aber auch die anderen Parteien konservativere Töne an, sprachen von den Gefahren einer offenen Gesellschaft und vom links-grünem Mainstream, von Heimat, gesundem Patriotismus und den berechtigten Sorgen der Bürger, die Woche für Woche ihre menschenverachtenden Parolen in Dresden herausschrien.

Entsprechend nervös blickt man nun auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen: Wird sich der Rechtsschwenk fortsetzen? Vor allem linksalternative Vereine und Projekte, antifaschistische Initiativen und Kulturschaffende sorgen sich, dass die politische Agenda künftig noch stärker von reaktionären und anti-emanzipatorischen Forderungen dominiert werden könnte. Was das für sie bedeuten würde, zeichnet sich schon jetzt in Sachsen-Anhalt ab – wo eine Allianz aus AfD- und CDU-PolitikerInnen seit Monaten das Demokratie-Netzwerk Miteinander e.V. attackiert und eine Enquete-Kommission zur Untersuchung linker Strukturen eingesetzt hat.

Um zu verstehen, welche Konsequenzen eine solche Diskursverschiebung haben kann, lohnt ein Blick nach Österreich: Seit Oktober 2017 regiert hier das rechtskonservative Bündnis aus ÖVP und FPÖ. Innerhalb weniger Monate hat die Koalition mit dem Umbau des Landes begonnen. Sie kürzte Sozialleistungen und verschärfte die Asylpolitik, zog gegen kritische Medien und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Felde, führte den 12-Stunden-Arbeitstag ein und weitete Überwachungstechniken aus. Vielen politischen Bildungsträgern und Vereinen wurden Mittel gestrichen. So etwa diversen Gewaltschutz-Projekten, feministischen Initiativen und Integrationsprogrammen.

Was bedeutet der neue rechte Tenor für linke AkteurInnen in Österreich? Wie sehr hat sich ihr Alltag gewandelt? Und welche Wege beschreiten sie, um trotz widriger Umstände ihre Arbeit fortzusetzen? Die Veranstaltung versucht diesen Fragen auf den Grund zu gehen und anhand der österreichischen Erfahrungen eigene Strategien zu entwickeln, wie sich unter einem rechten Kurs trotzdem noch emanzipatorische Politik betreiben lässt.

ReferentInnen/DiskutantInnen:
Thomas Rammerstorfer, freier Journalist und Publizist
Marina Wetzlmaier, Journalistin

12. Juni 2018: Buchpräsentation „Graue Wölfe“ in Wien

Auf Einladung von Bundesrat David Stögmüller:

Die rechtsextremen „Graue Wölfe“ spielen innerhalb der türkisch-stämmigen Communities in Deutschland und Österreich nach wie vor eine wichtige Rolle, wie einige kürzlich in den Medien behandelte Vorfälle beweisen. Die Erscheinungsformen haben sich ausdifferenziert: Straff organisierte Parteikader einerseits, subkulturell inspirierte Jugendgangs mit Rebellenhabitus andererseits, finden sich unter dem gemeinsamen ideologischen Dach türkischer Großmachtsphantasien. Thomas Rammerstorfer versucht in diesem Band ein objektives Bild des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland und Österreich zu zeichnen. Ohne Verharmlosung ebenso wie ohne Skandalisierung.

Dienstag, 12. Juni 17:00 – 19:00
Palais Epstein
1010 Wien

18. 9. 2017: Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften

Buchpräsentation mit Hans Henning Scharsach

Norbert Hofers Präsidentschaftswahlkampf war ein Lehrstück einer von Burschenschaften konzipierten populistischen Kampagne. Mit eisernem Lächeln täuschte er erfolgreich über die von ihm vertretenen rechtsextremen Standpunkte hinweg. Doch das ist nur die Speerspitze einer Entwicklung, die fast unbemerkt von der österreichischen Öffentlichkeit vor sich geht: Ein kleiner, verschworener Kreis hat die FPÖ in Besitz genommen, zentrale Funktionen in Bundespartei, Parlament und Landesverbänden sind fest in den Händen von Burschenschaftern.

Hans-Henning Scharsach untersucht die engen Verflechtungen Norbert Hofers, Heinz-Christian Straches und ihrer Weggefährten mit den Burschenschaften. Seine akribische Recherche taucht tief in deren antisemitische und nationalsozialistisch geprägte Geschichte ein. Er analysiert ihr politisches Instrumentarium, das sich mit Hasskampagnen und systematischer Verbreitung von Unwahrheiten über alle Regeln der Fairness hinwegsetzt. Anhand belegbarer Zahlen, Daten und Fakten zeigt Scharsach auf, was Österreich droht, wenn deutschnationale, schlagende Burschenschafter an die Macht kämen.

Montag, 18. September 2017, 18.45

im FREIRAUM, Altstadt 8, 4600 Wels

Moderation: Thomas Rammerstorfer

Eine Veranstaltung der Welser Initiative gegen Faschismus