Kategorie-Archiv: Migration & Integration

Ausweitung des Symbole-Gesetzes: Augenauswischerei der Regierung

Kritisches zur geplanten Ausweitung des Symbole-Gesetzes

Schmiererei der Grauen Wölfe („bozkurt“) in Feldkirch

Ende September kündigte die Regierung eine Verschärfung des Symbole-Gesetzes an. Ein entsprechender Antrag von Innenminister Kickl befindet sich seit 2. Oktober in der vierwöchigen Beobachtungsphase. Derzeit umfasst das Bundesgesetz die Verbote der Symbole des IS und von Al-Quaida (siehe hier ).

Kickl und Co. möchten sie ergänzt sehen, und zwar soll „aufgrund aktueller Entwicklungen im In- und Ausland“ (1) der „Anwendungsbereich auf folgende – den Grundprinzipien eines Rechtsstaats widersprechende – Gruppierungen“ erweitert werden: die „sunnitisch-islamistische“ Muslimbruderschaft, die „rechtsextremen türkisch-nationalistischen“ Grauen Wölfe, die „separatistisch-marxistische“ Kurdische Arbeiterpartei (PKK), die „palästinensische islamistische“ Hamas, der „militärische Teil“ der Hisbollah, die „kroatische faschistische“ Ustascha sowie ganz generell „Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Organisationen angeführt werden: die Bezeichnung dieser Gruppierungen soll durch Verordnung der Bundesregierung erfolgen“.
Der letzte Halbsatz ist durchaus interessant. „Ernennt“ die Bundesregierung qua Verordnung „terroristische Organisationen“? Das wäre das Ende der Gewaltenteilung wie wir sie kennen, nur so nebenbei erwähnt. Auch die Begründung „aufgrund aktueller Entwicklungen“ lässt Fragen offen. Denn ausnahmslos alle genannten Gruppen sind seit vielen Jahrzehnten aktiv, der Grad ihrer Aktivitäten in Österreich hat auch in jüngster Vergangenheit nicht merklich zugenommen.

Aber egal! Für Otto Normalverbraucher hört sich das wohl mal so schlecht nicht an. Wer mag schon Terror und Extremismus? Doch…

…der Teufel liegt im Detail

Denn es ist keineswegs so, dass alle diese Gruppierungen ein Symbol benutzen würden, dass wie ein eingetragenes Warenzeichen einzig für sie steht und mit einem Gesetz einfach verschwindet. Vielmehr benutzen die meisten eine ganze Menge an Gesten, Grüßen, Floskeln, Parolen, Symbolen, Organisationsnamen, Memes usw…

Man nehme die „Grauen Wölfe“. Deren Hauptströmung, die Partei MHP, benutzt drei Halbmonde als Parteilogo. Häufig ist auch ein Wolf zu sehen oder ein Wolf in einem Halbmond. Dazu kommen die Symbole und Logos der „Türkischen Föderation“, also des Dachverbandes der „Grauen Wölfe“ in Österreich und die der ca. 20 Teilvereine. Alles verbieten? Partei, Föderation und Vereine sind legale Organisationen, in der Türkei wie in der EU. Kann man die Symbole legaler Organisationen kriminalisieren? Wohl kaum. Soll man Bilder von grauen Wölfen verbieten? Und dann wäre noch der Wolfsgruß, der auch dem Handzeichen des „Schweigefuchs“ entspricht. Ihn zu verbieten träfe die MHP-Strömung zweifellos. Nicht aber z. B. die Abspaltung der BBP, deren Moschee am Wiener Antonsplatz bei der Moschee-Schließungs-Farce im Juni eine Rolle spielte. Das von ihr verwendete Handzeichen, der Tauhid-Finger, würde legal bleiben.

Dann gibt es die PKK, die bereits verboten ist. Und zwar nicht nur deren militärischer Arm, sondern die gesamte Partei. Gerade das Verbot hat die Symbolwelt der einzelnen mit ihr sympathisierenden Strömungen und Gruppen ausufern lassen. In Deutschland sind dutzende angebliche PKK-Symbole verboten, ebenso die Symbole der syrischen KurdInnen. Häufig werden diese Fahnen aber auch von der demokratischen kurdischen und/oder linken Opposition verwendet. Diese weiter zu kriminalisieren wäre ausgesprochen unklug, es sei denn man möchte den Grauen Wölfen oder Herrn Erdoğan einen großen Gefallen tun (es wäre nicht das erste Geschenk, welches dieser von der österreichischen Regierung erhalten würden).

Mit Herrn Erdoğan wären wir beim nächsten Problemfeld, den Symbolen der Muslimbruderschaft. Eines davon, den 4-Finger-Gruß, auch „R4abia“-Zeichen, hat sich dieser zu eigen gemacht, und mit ihm Teile seine Anhängerschaft. Entstanden ist es erst vor wenigen Jahren in der Protestbewegung gegen die Militärdiktatur in Ägypten. Verwendet wird es nicht nur von den Muslimbrüdern, sondern auch von anderen Oppositionellen. Die Muslimbrüder sind auch nicht so ein homogener Block, wie es sich der kleine Herbert vielleicht vorstellen mag. Aus der seit den 1920ern bestehenden Strömung des politischen Islam sind recht unterschiedliche Gruppen hervorgegangen: Die terroristische Hamas (Flagge: die Schahada auf grünem Hintergrund/Emblem: Felsendom mit gekreuzten Schwertern, Karte Israels und palästinensischen Fahnen) ebenso wie die demokratische Ennhada-Partei (Symbol: blaue Taube mit rotem (!) Stern) in Tunesien. Was will man verbieten? Man darf gespannt sein.

Dann wären noch die „Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Organisationen angeführt werden“ und die die Regierung dann „bezeichnet“. Wahrscheinlich ist hier die so genannte „EU-Terrorliste“ gemeint. Wen hätten wir denn da… da wären bereits erwähnte Gruppen wie die PKK, die Hamas und der militärische Arm der Hisbollah. Dazu kämen noch gut 15 weitere: etwa Babbar Khalsa, eine militante Sikh-Gruppe aus Indien, die „Befreiungstiger“ von Sri Lanka, der „Leuchtende Pfad“ aus Peru oder die Kommunistische Partei der Philippinen. Alles Organisationen, die Freiheit und Demokratie in Österreich jeden Tag bedrohen. Oder eigentlich nicht. Sie spielen hier nicht die geringste Rolle.

Da wirds also bald noch jede Menge verbotener Symbole zu lernen geben für Österreichs PolizistInnen. Es sei denn, die Regierung stoppt den Unfug und beginnt statt dessen mit Sozial-, Bildungs- und Integrationspolitik… das würde uns nachhaltig vor Extremismus bewahren (und vor solchen Regierungen). Man könnte auch manche bereits bestehende Gesetze, etwa gegen Verhetzung, anwenden. Aber nein: Es geht nicht um sinnvolle Strategien, sondern um billige Schlagzeilen und das Jubelgeschrei des Boulevards.

Apropos: Nicht verboten werden sollen die Zeichen der rechtsextremen Identitären sowie die der serbischen Ultra-Nationalisten. Sicherlich nur ein Zufall, dass beide der FPÖ nahe stehen.

(1) Dieses und folgende Zitate aus Kickl, „Vortrag an den Ministerrat“, vom 2. Oktober 2018

IGGiÖ-Generalsekretär im Wahlkampfeinsatz für „Graue Wölfe“

Die Aufgabe des Generalsekretärs der „Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich“ scheint keine allzu zeitintensive zu sein. Zumindest hat der derzeitige Amtsinhaber, Baki Uslu, recht ausgiebig Muse seinen parteipolitischen Ambitionen nachzugehen. Er ist für die rechtsextremen „Grauen Wölfe“ aktiv.

Weiter gehts hier.

26. Juni 2018: Buchpräsentation „Graue Wölfe“ in Linz

Buchpräsentation und Diskussion

Die rechtsextremen „Graue Wölfe“ spielen in der Türkei und innerhalb der türkisch-stämmigen Communities in der EU nach wie vor eine wichtige Rolle. Straff organisierte Parteikader einerseits und subkulturell inspirierte Jugendgangs finden sich unter dem gemeinsamen ideologischen Dach türkischer Großmachtsphantasien.

Rammerstorfer versucht in seinem Buch ein objektives Bild der Bewegung zu zeichnen. Ohne Verharmlosung, ohne Skandalisierung. Auch die Situation in Linz, wo die „Grauen Wölfe“ traditionell gute Kontakte in die Politik pflegen, wird Thema sein, ebenso wie die aktuelle Lage in der Türkei, wo die „Grauen Wölfe“ als Unterstützer Erdoğans aktiv sind.

Thomas Rammerstorfer ist freier Journalist und Autor mit den Themenschwerpunkten (Rechts-)Extremismus, Migration und Türkei.
Moderation: Marina Wetzlmaier

Dienstag, 26. Juni 19:30

Altes Rathaus der Stadt Linz
Hauptplatz 1, 4020 Linz

13. Juni 2018: „Türkei Wahl Spezial“ in Wien

Eine Wahl – zwei Bücher – eine Diskussion
Vortrag und Diskussion mit Thomas Schmidinger und Thomas Rammerstorfer

Beide stellen ihre Bücher vor und diskutieren im Anschluss mit euch die aktuelle Situation der Türkei, das Vorgehen des türkischen Staates gegen Kurd_innen und die “Grauen Wölfe” in Österreich.

Wann?
Mittwoch, 13.06.2018 20:00
Wo?
w23, Wipplingerstrasse 23, 1010 Wien

Mitten im Wahlkampf in der Türkei bzw. den Wahlen türkischer Staatsbürger_innen in Österreich präsentieren wir zwei Perspektiven auf die Probleme der Region und den türkuschen Nationalismus: Politikwissenschafter Thomas Schmidinger kommt mit seinem neuen Buch “Kampf um den Berg der Kurden – Geschichte und Gegenwart der Region Afrin”, der freie Journalist Thomas Rammerstorfer mit dem soeben erschienen Band “Graue Wölfe – türkische Rechtsextreme”.

Vortrag und Diskussion mit Thomas Schmidinger und Thomas Rammerstorfer. Beide stellen ihre Bücher vor und diskutieren im Anschluss mit euch die aktuelle Situation der Türkei, das Vorgehen des türkischen Staates gegen Kurd_innen und die “Grauen Wölfe” in Österreich.

Veranstaltungsbeginn 20:00

Bizarre Allianzen: Türkische und österreichische Parteien. Nicht immer arbeitet zusammen, was zusammengehört.

Wo die Linzer SPÖ ist, ist auch meistens ein Herr Irfan Ünsal zu finden. Beispielsweise am 1. Mai-Aufmarsch 2018, wo er ein Grüppchen unentwegter Schwenker roter Fahnen (mit weißem Halbmond) anführte. Herrn Ünsal kennt kaum jemand außerhalb, dafür nahezu jeder in den Communities türkisch-stämmiger rechts und ganz weit rechts Stehender. Der Journalist betreibt eine Vielzahl von Facebook-Seiten und anderen Social Media-Kanälen, ist Korrespondent des türkischen Senders Avrupa 7. Regelmäßig ist er auch politisch im Einsatz, und zwar gleich für zwei Parteien, die SPÖ und die AKP. Diese Doppelrolle ist bekannt und stört anscheinend da wie dort niemanden. Zwischendurch dokumentiert Ünsal »terroristische Aktivitäten«, etwa von kurdischen Menschenrechtsorganisationen, ist bei Anti-Israel-Demos zu finden und so gut wie bei jeder Kermes und jeder Demo von AnhängerInnen des politischen Islams und/oder Rechtsextremer. 2015 tingelte er wochenlang mit Klaus Luger und den AKP-nahen SPÖ-KandidatInnen durch die Lebenswelten türkisch-stämmiger MitbürgerInnen und erstellte Werbevideos für die Sozialdemokratie. Er tritt auch als Redner bei AKP-Veranstaltungen auf, wo er sich bevorzugt mit dem Gruß der Muslimbruderschaft fotografieren lässt. Auf Facebook postet er gerne Verschwörungstheorien. Fethullah Gülen, Lieblingsfeind von Recep Tayyip Erdoğan, wird da mal als Jude, mal als Armenier enttarnt.

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12. Juni 2018: Buchpräsentation „Graue Wölfe“ in Wien

Auf Einladung von Bundesrat David Stögmüller:

Die rechtsextremen „Graue Wölfe“ spielen innerhalb der türkisch-stämmigen Communities in Deutschland und Österreich nach wie vor eine wichtige Rolle, wie einige kürzlich in den Medien behandelte Vorfälle beweisen. Die Erscheinungsformen haben sich ausdifferenziert: Straff organisierte Parteikader einerseits, subkulturell inspirierte Jugendgangs mit Rebellenhabitus andererseits, finden sich unter dem gemeinsamen ideologischen Dach türkischer Großmachtsphantasien. Thomas Rammerstorfer versucht in diesem Band ein objektives Bild des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland und Österreich zu zeichnen. Ohne Verharmlosung ebenso wie ohne Skandalisierung.

Dienstag, 12. Juni 17:00 – 19:00
Palais Epstein
1010 Wien

30. Mai 2018: Buchpräsentation „Graue Wölfe“ in Wels

Buchpräsentation und Diskussion

Mittwoch, 30. Mai 19:00
Die Grünen Wels
Rainerstrasse 8, 4600 Wels

Die rechtsextremen „Graue Wölfe“ spielen innerhalb der türkisch-stämmigen Communities in Deutschland und Österreich nach wie vor eine wichtige Rolle. Die Erscheinungsformen haben sich ausdifferenziert: Straff organisierte Parteikader einerseits, subkulturell inspirierte Jugendgangs mit Rebellenhabitus andererseits, finden sich unter dem gemeinsamen ideologischen Dach türkischer Großmachtsphantasien.
Thomas Rammerstorfer versucht in diesem Band ein objektives Bild des türkischen Rechtsextremismus in Deutschland und Österreich zu zeichnen. Ohne Verharmlosung ebenso wie ohne Skandalisierung.

Thomas Rammerstorfer ist freier Journalist mit den Themenschwerpunkten (Rechts-)Extremismus, Migration und Türkei.

Moderation: Marina Wetzlmaier

Innsbrucker Bürgermeisterin: Wahlkampf bei den „Grauen Wölfen“

2017 war eine geplante Großveranstaltung der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ in der Innsbrucker Olympiahalle abgesagt worden. Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck, ÖVP) stand „klar hinter der Entscheidung“ (siehe hier). „Für Innsbrucks ÖVP-Chef Franz Gruber ist das der einzig richtige Schritt gegen Extremismus und Radikalisierung“ hieß es weiters. Mittlerweile scheint man das Verhältnis zu den türkisch-stämmigen Faschisten aber überdacht zu haben. Am 15. April hielt man im Vereinslokal der „Grauen Wölfe“ eine Wahlkampfveranstaltung ab. Bilder zeigen Oppitz-Plörer im Lokal, umgebend von der lokalen Prominenz der „Grauen Wölfe“, vor ihr liegt das Wahlprogramm ihrer Liste, an der Wand türkische Fahnen, Fahnen des „Graue Wölfe“-Dachverbandes „Avusturya Turk Federasyon“ und Bilder des „Führers“ Alparslan Türkeş.
Leider gibt es auch in Westösterreich ein Vielzahl von Verbindungen zwischen der ÖVP und Gruppen aus dem türkisch-nationalistischen Spektrum. Auch die FPÖ hat hier wenig Berührungsängste, kandidierte doch 2015 ein ATIB-Mann für die Lustenauer „Freiheitlichen“, siehe hier.

Oppitz-Plörer hat den Auftritt bei den „Grauen Wölfen“ übrigens auf ihren eigenen social media-Kanälen nicht dokumentiert… die „Grauen Wölfe“ allerdings schon.