Wade Michael Page und die deutsche und österreichische Nazi-Musik-Szene

von Thomas Rammerstorfer

Es ist ein Thema, das mich schon länger wurmt, und das trotz aller Brisanz zumindest meines Wissens noch nie behandelt wurde: Die Kontakte des 6-fachen Mörders Wade Michael Page, des „Sikh Temple shooters“, in unsere Breiten.

intimidationonekonzert

Bei einem Konzert in Österreich auf der Bühne: Gregor T., Marcus D., Jasons Stevens und Wade Michael Page

Ein rassistisch motivierter Amoklauf erschütterte am 5. August 2012 die USA. Der Neonazi Wade Michael Page stürmte in Oak Creek/Wisconsin in einen Sikh-Tempel und erschoss sechs Menschen. Weitere wurden verletzt, der Täter richtete sich selbst. Während sich die öffentliche Diskussion schnell auf die US-Waffengesetzgebung fokussierte, wurden die Verbindungen des Täters nach Europa, auch nach Österreich, nie beleuchtet.

Page war Mitglied der internationalen Skinhead-Organisation „Hammerskins“ und ein langjähriger Aktivist der Nazi-Musikszene der USA. Laut US-Medien spielte er, als Vollmitglied oder „aushilfsweise“, bei folgenden Bands: Intimidation One, Youngland, Max Resist, Aggressive Force und den Blue Eyed Devils aus den USA, zudem sprang er auch bei den britischen Celtic Warriors und den deutschen Radikahl ein. Jede einzelne dieser Bands gab auch Konzerte sowohl in Deutschland als auch in Österreich, manche waren mehrmals hier auf Tour. Bei welchen Auftritten Page dabei war und wo nicht lässt sich nur schwer nachvollziehen. Ein Bild eines „Intimidation One“-Auftritts, vermutlich in Vorarlberg, zeigt ihn auf der Bühne mit den österreichischen Blood and Honour-Aktvisten Gregor T. und Marcus D.

Mit der Band Definite Hate spielte er den Song „Take Action“ ein, in dem es heißt: “Revolution’s in the air. 9mm in my hand. You can run but you can’t hide from this master plan.“ Eine Waffe dieses Kalibers, 9 mm, benützte er schließlich auch für seine Morde. Definite Hate und End Apathy waren die letzten Stationen seiner Musikkarriere. Diese begann quasi in Europa. Im Jahr 2000 heuerte er bei Jason Stevens US-Neonazi-Band „Intimidation One“ für eine Tournee dort an.

„Stevens recruited the then-28-year-old Page as a guitarist to fill in for a band member who couldn’t get a passport for an upcoming European tour”[1] berichtet ein US-Magazin. Es dürfte auch Schwierigkeiten mit den Behörden gegeben haben:

“(…) there were a few times Wade was arrested and quickly released when he and his bandmates illegally played their neo-Nazi music in public while on tour in Europe, where several countries have banned public displays of Nazism”[2].

Ob mit oder ohne Probleme, zahlreiche Europa-Auftritte, insbesondere im deutschsprachigen Raum wurden absolviert. 2004 nahm man sogar ein ganzes Album mit ins Englische übersetzten Versionen der Lieder der deutschen NS-Kultband Landser auf. Und so trauern auf Jason Stevens facebook-Seite (Jason Sandeaux) auch Deutsche um Page: Christian Rechenbach aus Thüringen schreibt „R. I. P. my friend“ und „I will remember him as the good, nice and honest person that he was“. Michel Schäfer, ebenfalls aus Thüringen ergänzt: “da geb ich dir recht, lass ihn in unserer erinnerung halten so wie er war.”

Inwieweit andere Thüringer – der im November 2011 enttarnte „Nationalsozialistische Untergrund“ – Page zu seiner Wahnsinnstat inspirierten ist nicht bekannt. Das musikalische Werk von Nazi-Bands wie „Intimidation One“ erfreut sich ungebrochener Beliebtheit im deutschsprachigen Raum. Die 2013 erschienene Best-of CD „10 Years on the frontline“ wird vom „Germaniaversand“ auch im deutschsprachigen Raum ganz legal vertrieben.

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