Kreide gefressen: Die faschistischen „Grauen Wölfe“ buhlen um Sympathien in Österreich

aus „Planet Burgenland“, August 2011

Der Einfluss türkischer RechtsextremistInnen wird zunehmend spürbar – auch in der österreichischen Kommunalpolitik.

Zwei Schauplätze: Sinnigerweise am 1. April 2011 luden die christlichen Pfarren in Wels, Oberösterreich, zu einer Integrationsveranstaltung unter dem Motto „Die Zeit des Nebeneinanders ist vorbei“. Von der türkischer Seite sind nur die konservativen Moscheevereine und die faschistischen „Grauen Wölfe“ eingeladen, die liberalen AlewitInnen und andere religiöse Minderheiten fehlten. Die „Grauen Wölfe“ schickten ein eloquente, unverschleierte junge Dame, die den anwesenden christlichen und politischen Größen in bestem Deutsch Honig ums Maul strich. Die Veranstaltung endete in allgemeiner Harmonie.

Auch in der türkischen Stadt Malatya ist „die Zeit des Nebeneinanders vorbei“. Hier schickten die „Grauen Wölfe“ allerdings kein junges Mädchen in den dortigen Bibelverlag, sondern eine Gruppe ihrer Militanten, die dort zwei einheimische und einen deutschen Christen abschlachteten. Die Umstände sind noch nicht restlos geklärt – bisher wurden 20 Verdächtige, „Graue Wölfe“, aber auch Armeeangehörige – festgenommen.[1]

Mit Massakern aller Art konnten die „Grauen Wölfe“, wie sich die AnhängerInnen der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP), nennen, in den vergangenen 40 Jahren reichhaltige Erfahrung sammeln. Allein Ende der 70er wurden bei einer wahren Terrorwelle an die 5000 Morde verübt: an SozialistInnen und anderen Linken, JüdInnen, GewerkschafterInnen, FraunrechtlerInnen und verschiedenen Minderheiten, an KurdInnen und den meist sehr liberal eingestellten AlewitInnen. ChristInnen geraten auch immer wieder in die Schussbahn –  so auch Papst Johannes Paul der Zweite, der 1981 bei einem Attentat von drei Kugeln getroffen wurde. Der Täter, Ali Agca, war MHP-Aktivist und hatte bereits zuvor Abdi Ipekci, einen angesehenen Intellektuellen jüdischer Abstammung, ermordet. „Zunehmend wird die christliche Welt als Kollaborateur des grausamen Judentums dargestellt“ attestierte der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfahlen 2009 über die jüngere ideologische Entwicklung der MHP.

Die österreichische AnhängerInnenschaft der „Grauen Wölfe“ konnte in den letzten Jahren ihren Einfluss zunehmend ausbauen. Das liegt zum einen am verstärkten Zulauf durch Jugendliche mit türkischem Migrationhintergrund, die sich angesichts des ihnen entgegenschlagenden Alltagsrassismus mehr und mehr in die eigene community zurückziehen. Zum anderen werden die Ultra-Nationalisten von der österreichischen Politik sogar gefördert. Dies geschieht zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aber durchaus aus Kalkül: In Linz etwa wurde den Faschisten 2009 sogar das Rathaus für eine Propaganda-Veranstaltung[2] überlassen. Bereits am 1. Mai 2007 marschierten SPÖ und FaschistInnen gemeinsam – allerdings mussten letztere die Party etwas früher verlassen, um den Maiaufmarsch der türkischen und kurdischen Linken anzugreifen – ein 14-jähriges Mädchen wurde durch einen Steinwurf schwer verletzt. Priorität hat für die „Grauen Wölfe“ momentan aber nicht der Kampf auf der Strasse, sondern in den Integrationszentren- und beiräten, in den Bezirks- und Landesschulräten. Hier gilt es sich Geld, Einfluss und das Wohlwollen österreichischer Notabeln zu sichern, und gleichzeitig die Positionen der liberalen, säkularen und linken TürkInnen und KurdInnen zurückzudrängen.

Mit realen „Integrationsbemühungen“ hat das Engagement der „Grauen Wölfe“ und andere nationalistischer Vereine freilich wenig zu tun, im Gegenteil, wie auch der Verfassungsschutz Baden-Würtemberg attestiert:

„Es liegt auf der Hand, dass durch die Zugehörigkeit zu einem Verein dieser Ausrichtung eine Integration in die deutsche Gesellschaft gleichsam unmöglich erscheint, richten sich doch die Ziele der ‚Idealisten‘ nicht nur gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, sondern sind gleichzeitig auch als antidemokratisch, antiliberal und antipluralistisch zu werten.“

In österreichischen Verfassungsschutzberichte finden die türkischen Faschisten keine Erwähnung, offenbar ist man zu sehr mit der Überwachung von Tierschützern beschäftigt., um sich auch noch dieses Problems anzunehmen. Es gibt aber ein anderes Papier aus dem Innenministerium wo sie auftauchen: Im Suchmittelkriminalität-Jahresbericht 2009 als „politisch motivierte Tätergruppe“ im „Heroingroßhandel“[3].

Thomas Rammerstorfer


[1] http://www.esiweb.org/pdf/esi_document_id_127.pdf

[2] http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabId=4975&alias=wzo&cob=419591

[3] http://www.praevention.at/upload/documentbox/Bericht2009.pdf