Bushido: Der Weg des Spießers

Als Bushido anno 2009 den Integrationspreis bekam war ich nicht dagegen. Er hat sich perfekt in die Gesellschaft integriert. Zum einen ökonomisch als Musiker und Immobilienspekulant, aber vor allem in Bezug auf sein Weltbild. Sexismus, Homophobie, Gewaltverherrlichung und Antisemitismus sind keine Werthaltungen, die sich auf extremistische Kreise beschränken, sondern stammen direkt aus der Mitte unserer Gesellschaft. Die Verhöhnung der ökonomisch Schwachen durch die ökonomisch Starken, das Glorifizieren des sozialen Aufsteigers, der das herrschende Recht des Stärkeren rücksichtslos anwendet: das ist nicht deutscher Rap, sondern Realität im Kapitalismus.

Da passt jene Episode gut dazu, die Bushido hierzulande erst über das Milieu hinaus bekannt machte. 2005 wurde sein Auto – das wichtigste Statussymbol des ökonomischen Aufsteigers! – in Linz beschädigt. Bushido schaffte es gemeinsam mit zwei Helfern den mutmaßlichen Täter, einen 19-jährigen, zu verprügeln. Gangstarap? Nein, Spießertum in Reinkultur. Und das zieht sich durch den  Lebens-„Weg des Kriegers“. Da mahnt er zwar gerne Privatpersonen ab und will Geld, wenn mal ein Track auf einer Internettauschbörse landet, klaut aber selbst reihenweise bei KollegInnen (er ist deswegen auch rechtskräftig verurteilt). Er hält sich für den „Staatsfeind Nr. 1“ und absolviert 2012 ein Praktikum im Bundestag bei einem Politiker der CDU, mit der er seine wertkonservativen Ansichten teilt. Freundlicherweise blieben bei seinen jüngsten Tiraden gegen PolitikerInnen auch jene der CDU/CSU außen vor. 2010 durfte der Staatsfeind sogar die offizielle Hymne der deutschen Nationalmannschaft zur Fußball-WM, „Fackeln im Wind“, trällern. Ein Höhepunkt in einem deutschen Spießerleben, so was von integriert!

Da blieb aber ein Problem: Das patriotische Gedöns von „Fackeln im Wind“ war seine bisher letzte Top Ten-Platzierung in den Singlecharts. Die Alben schafften zwar bessere Einstiege, in Stückzahlen gemessen ging deren Verkauf aber auch zurück. Die Marginalisierten hatten sich von Bushido ab- und glaubwürdigeren Rappern zugewandt. Zudem kauften sie nur ungern Musik, die über Tauschbörsen frei erhältlich ist. Noch schwerwiegender: Bushidos eigenes Label, „ersguterjunge“, steckt vermutlich stark in der Krise. Nach dem Abgang der Stars wie Eko Fresh, Fler oder Kay One blieben 2013 überhaupt nur mehr der Meister himself und der noch wenig bekannte Shindy über. Dass der umstrittene Bushido-Track „Stress ohne Grund“ nun auf einer Shindy-CD erschien soll wohl dessen bis dato eher laue Karriere befeuern. Wenn es in der Firma kriselt, werden die „Werbebotschaften“ aggressiver. Der Stress hat also durchaus Grund.